Plage und Delikatesse

Wollhandkrabbe beschäftigt Havel-Fischer

  • Gudrun Janicke, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Als Zuwanderer kamen die Wollhandkrabben in die Havelregion. Sie machten sich schnell breit - und den Fischern in Brandenburg und Sachsen-Anhalt das Leben schwer.

Potsdam/Havelberg. Für die Havelfischer in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind sie teils eine Plage. Die eingewanderten Chinesischen Wollhandkrabben zerstören Netze und Reusen und sie fressen auch schon mal den Fang. Natürliche Feinde haben sie nicht. Doch das ändert sich. In der Region gibt es immer mehr Menschen, die die ursprünglich im chinesischen Meer beheimateten Wasserbewohner als Spezialität schätzen und sie buchstäblich zum fressen gern haben. In Asien gehören sie ganz selbstverständlich auf den Speisezettel.

Mit Ingwer und Balsamico

Der Geschmack des Krabbentieres ähnelt dem von Krebsen. Das Aussehen ist aber erst einmal gewöhnungsbedürftig: ein gepanzerter Körper, zwei große Scheren, sechs behaarte spinnenartige Beine. Ausgestreckt kommen sie auf eine Größe von bis zu 30 Zentimeter. Allein der runde Panzer ist bis zehn Zentimeter groß.

Im Restaurant »Fischerstube« in Warnau bei Havelberg in Sachsen-Anhalt kommen die Krabben auf den Teller - jedoch nur auf Vorbestellung. »Sie werden gedämpft und mit einer Ingwer-Balsamico-Soße serviert«, sagt Inhaberin Sabine Schulz. Verzehrt wird das Muskelfleisch. Die Nachfrage steigt. Derzeit sind die Tiere allerdings noch zu klein.

Hauptfangzeit sei von Juli bis September, sagt Fischer Sven Ahlendorf aus Havelberg. Etwa 15 Kilogramm können ihm bei einer Ausfahrt ins Netz gehen. »Doch ein Problem bleibt: Vor ihren scharfen Scheren ist kaum ein Kunststoffnetz sicher«, stöhnt Ahlendorf. Material von 1,2 Millimetern Dicke wird durchgeknackt, bereits gefangene Fische sind verloren.

»Die Chinesische Wollhandkrabbe gelangte um die Jahrhundertwende nach Europa«, erklärt Erik Fladung vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow. Vermutlich wurde sie in den 1920er Jahren mit dem Ballastwasser von Handelsschiffen in Elbe und Weser eingeschleppt. Von dort breitete sie sich rasant aus.

Ein paar Jahrzehnte lang war Ruhe, dann wiederholte sich nach der Wende das Phänomen des massenhaften Auftretens. Grund war vermutlich die bessere Wasserqualität. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt liefen Mitte der 1990er Jahre Forschungsprojekte, unter anderem um eine effektive Bestandsdezimierung zu prüfen. Auch Verwertungskonzepte wurden entwickelt.

»Natürliche Fressfeinde hat die Krabbe kaum«, sagt Fladung. Zur Vermehrung brauchen die Tiere Salzwasser. Zum Ablaichen wandern sie Hunderte Kilometer die Flussläufe hinunter. Die Jungtiere kehren von dort wieder zurück - und schaffen flussaufwärts etwa zwei bis drei Kilometer am Tag.

Kein großer Gewinn

Die Vermarktung als Delikatesse bringt den Fischern keinen allzu großen Gewinn. Mit einzurechnen sind auch Schäden an Netzen, der Aufwand für Reparaturen und Fangausfälle. Nach Angaben von Fladung ist der Bestand nur mit großem Aufwand auf Dauer zu dezimieren. Die Tiere können zwar auf ihren Laichzügen eingefangen werden. Auch gibt es spezielle Fanganlagen. »Sie bringen aber nicht immer 100-prozentigen Erfolg«, sagt der Experte.

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