PLATTENBAU

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Die ungewöhnlichste Solo-Künstlerin, die England jemals hervorgebracht hat« (New Musical Express), »das intelligenteste lebende Pop-Geschöpf« (tip) oder »Die Schöne, die in Rätseln singt« (Stern) wurde Kate Bush in der Presse schon genannt. Sie schrieb mit Songs wie »Wuthering Heights« oder »Running Up That Hill« sowie mehreren Alben Musikgeschichte und beeinflusste weibliche Künstlerinnen wie Tori Amos, Björk, Fiona Apple, Heather Nova oder Dido. Nach zwölf Jahren der Stille hat die nun 47-Jährige mit »Aerial« wieder ein neues, ein bemerkenswertes Album veröffentlicht. »Das größte Comeback sei Lazarus«, schrieb die Boulevardzeitung »The Sun« nicht ganz ernst. Natürlich fragten und fragen sich die Fans wie die Presse, was Kate Bush all die langen Jahre getrieben hat? Der Versuch einer Antwort: nach ihrem letzten Album »The Red Shoes« (1993) war sie nervlich so runter, dass sie erstmal eine längere Auszeit brauchte, die sich dann immer weiter dehnte, dann ist sie Mutter geworden (der Vater ist ihr Gitarrist Dan McIntosh) und schließlich hat sie - wie bei ihr üblich - jahrelang an dem nun erschienenen Album gearbeitet und daran gefeilt und gefeilt und gefeilt. Dementsprechend ist es auch geworden: ein Juwel mit 16 Perlen (von denen drei allerdings nur kurze Zwischenspiele sind). Schon an ihrem Debütalbum »The Kick Inside« (1978) hatte Bush drei Jahre getüftelt. Zuvor hatte ein Freund der Familie den Kontakt zu dem Gitarristen von Pink Floyd, David Gilmour, hergestellt, der ihre Demoaufnahmen finanzierte. Daraufhin hatte sie einen Plattenvertrag bei der EMI bekommen. »The Kick Inside« wie auch die Auskoppelung »Wuthering Heights« wurden in Großbritannien eine Nummer 1. Im Jahre 1979 ging Kate dann auf Europatournee, verlor jedoch das Interesse am ständigen Wiederholen ihrer Songs und verweigerte sich also künftig jeglichem Tournee-Stress. Die schöne, sympathische, willensstarke Kate ließ sich von ihrer Familie managen, verschwand zwischen Album-Veröffentlichungen jahrlang von der Bildfläche und bestand auf totaler eigner Kontrolle über ihre Musik: Sie schrieb die Lieder selbst, produzierte ihre Alben, hatte einen eigenen Verlag und ein eigenes Studio. 1980 erreichte ihr Album »Never For Ever« wieder die Spitze der Charts in Großbritannien, 1985 das erstaunliche »Hounds Of Love« ebenso. An den Aufnahmen zu »The Sensual World« (1989) beteiligten sich David Gilmour, Stargeiger Nigel Kennedy und das bulgarische Gesangstrio »Bulgarka«. An der Spitze der Starbesetzung von »The Red Shoes« (1993) standen Eric Clapton, Prince und Jeff Beck. Das neue Album »Aerial« besteht aus zwei CDs, die erste »A Sea Of Honey« beschäftigt sich u.a. mit Persönlichkeiten, mit Elvis (»King Of The Mountain«), mit dem Entdecker der Zahl Pi (»Pi«), mit Jeanne d'Arc (»Joanni«) oder ihrem nun schon sechsjährigen Sohn Albert (»Bertie«) - alles filigrane Meisterwerke. Die zweite CD »A Sky Of Honey« ist eher ein Konzeptwerk, in dem es um Poesie und Philosophie sowie um das Verhältnis zwischen Kunst und Natur geht und es so auch reichlich Vogelgezwitscher und Taubengurren gibt. Insgesamt betörender, anspruchsvoller Pop, der auch der gereiften Stimme von Kate viel Raum gibt. Auch viele Kritiker sind sich einig: Kate Bushs wohl beste Musik seit dem berühmten »Hounds Of Love»-Album. »Im Moment habe ich so viel zu sagen«, so Kate Bush dieses Jahr in einem Interview, »dass ich es kaum erwarten kann, mit der nächsten Platte anzufangen. Für die nächste«, so die Künstlerin scherzend, »brauche ich nur drei Wochen, warten Sie's ab.« Thomas Grossman
Kate Bush: Aerial (EMI)
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