nd-aktuell.de / 23.07.2013 / Politik / Seite 8

Streit um Flughafen Comiso

Initiative auf Sizilien spricht sich für Pio La Torre als Namenspatron aus

Anna Maldini, Rom
Namen sind Schall und Rauch? Zumindest für den Flughafen Comiso auf Sizilien trifft das nicht zu. Seit Wochen kämpfen Bürger dafür, dass er umbenannt wird. Wieder einmal.

Die Geschichte des kleinen Flugplatzes ist bewegt. Er wurde in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts von den Faschisten gebaut und ein paar Jahre lang auch von der deutschen Luftwaffe benutzt, bevor er zum US-amerikanischen Stützpunkt wurde. Ab 1982 wurden dort im Rahmen des berühmt-berüchtigten NATO-Doppelbeschlusses 112 Cruise-Raketen mit atomaren Sprengköpfen stationiert. Anfang dieses Jahrtausends fiel dann die Entscheidung, hier einen Verkehrsflughafen einzurichten, um den Tourismus in der Gegend zu unterstützen. Das ganze funktionierte aber jahrelang trotz mehrerer feierlicher Einweihungen überhaupt nicht, bis der Flugverkehr dieses Jahr endlich aufgenommen werden konnte.

Nicht weniger bewegt ist die Geschichte der Namensgebung für diesen Flugplatz, der im Süden der Insel, etwa 90 Kilometer von Catania entfernt, liegt. Anfangs wurde er nach dem faschistischen Brigadegeneral Vincenzo Magliocco benannt, der 1937 im italienischen Kolonialkrieg in Äthiopien abstürzte. Dann hieß er schlicht »NATO-Stützpunkt Comiso« und ab 1998 »Mare Nostrum« (lateinisch für: Mittelmeer). Während der symbolischen Einweihung 2007 wurde er wieder umgetauft und erhielt den Namen Pio La Torre nach dem kommunistischen Abgeordneten und Gewerkschafter, der ein Leben lang gegen die organisierte Kriminalität, gegen die Militarisierung Siziliens gekämpft hatte und 1982 von der Mafia ermordet worden war. Dieser Name war gewählt worden, weil sich in Comiso eine Bürgerbewegung formiert hatte, die dem mutigen Politiker auf diese Weise ein Denkmal setzten wollte.

Im Jahr darauf zog ins Rathaus des Städtchens ein rechter Bürgermeister ein, der als eine seiner ersten Amtshandlungen eine neuerliche Namensänderung beschloss: Der Flughafen erhielt erneut seinen ursprünglichen Namen Vincenzo Magliocco. Für den Tourismus und den Ruf Siziliens sei es nicht förderlich - so die Begründung - wenn die Fluggäste bei ihrer Ankunft sofort mit einem Opfer der Mafia konfrontiert werden. Er änderte seine Meinung ungeachtet vieler nationaler und internationaler Proteste nicht.

In diesem Jahr ergab sich eine neue Wende. Bei den Kommunalwahlen siegte eine linke Liste, angeführt von Filippo Spataro von der Demokratischen Partei (PD). Zu den »Wahlversprechen« des Politikers gehörte die Umbenennung des Flughafens: »Wir werden ihn wieder Pio La Torre widmen«, erklärte er. Unterstützt wurde er dabei vom Ministerpräsidenten Siziliens, Rosario Crocetta. »Die Menschen von Comiso«, sagte er, »respektieren ihre eigene Geschichte. Hier stand ein Militärflughafen, der als Kriegsinstrument genutzt wurde. Heute soll dieser Flugplatz ein Instrument für die friedliche Entwicklung unserer Insel sein.« Da Pio La Torre Zeit seines Lebens genau dafür gekämpft hat und auch gestorben ist, so der Ministerpräsident, sei es nur gerecht, dem Flugplatz seinen Namen zu geben.

Innerhalb von nur drei Tagen sammelten die Bürger von Comiso fast 25 000 Unterschriften, die dem Bürgermeister überreicht wurden. Auch Gewerkschaften und Prominente vom Festland unterstützen den Appell, in dem es unter anderem heißt: »Hier geht es nicht so sehr darum, vergangenes Unrecht wieder gut zu machen. Wir wollen den Italiener Pio La Torre ehren, der ermordet wurde, weil er beschlossen hatte, dem Staat zu dienen!«