Im Jahr 2005 weltweit weniger Kriege

Noch immer fordern 39 bewaffnete Auseinandersetzungen Tausende Todesopfer

Die Zahl der Kriege und bewaffneten Konflikte ist im Jahr 2005 zwar um drei zurückgegangen, doch zählt die Arbeitsgemeinschaft für Kriegsursachenforschung an der Hamburger Universität in ihrem gestern vorgelegten Report noch immer weltweit 39 gewaltsame Auseinandersetzungen.

Während die Gefahr durch den internationalen Terrorismus nach Einschätzung von Friedensforschern trotz oder gerade wegen des »Anti-Terrorkrieges« der USA weiter gewachsen ist, nahm die Zahl Kriege und bewaffneten Konflikte in der Welt auch 2005 ab. Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) an der Universität Hamburg, die die Entwicklung seit vielen Jahren analysiert, erfasst in ihrer diesjährigen Untersuchung 39 - das ist der niedrigste Stand seit Ende des Ost-West-Konflikts. 28 werden dabei als Kriege eingestuft. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die Zahl 1992 mit 55 auf ihren bisherigen Höchststand gestiegen. Seitdem würden jedes Jahr mehr gewaltsame Auseinandersetzungen beendet als begonnen, so AKUF-Koordinator Wolfgang Schreiber. In diesem Jahr stehen zwei neuen fünf abgeklungene kriegerische Konflikte gegenüber. Beendet wurden die bewaffneten Auseinandersetzungen in Georgien sowie jene in Tschad. Nicht mehr aufgeführt sind auch die beiden bewaffneten Konflikte in der Demokratischen Republik Kongo, der im Ituri-Distrikt und der in den Kivu-Provinzen. Dort ist die Gewalt allerdings nicht beendet, sondern die Konfliktlinien haben sich geändert, sodass die beiden beendeten Konflikte in einen neuen Krieg im Osten Kongos übergingen. Als zweiter neuer bewaffneter Konflikt kommen die Auseinandersetzungen in Saudi-Arabien hinzu. »Krieg« definieren die Hamburger Wissenschaftler dabei als gewaltsamen Massenkonflikt, bei dem mindestens zwei bewaffnete Streitkräfte mit einem Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation beteiligt sind und militärische Operationen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Dauer stattfinden. »Bewaffnete Konflikte« sind danach gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind. Unverändert ist die zahlenmäßig am stärksten betroffene Weltregion Asien mit 15 kriegerischen Konflikten. Mit elf bzw. zehn Kriegen und bewaffneten Konflikten weisen aber auch Afrika und der Nahe und Mittlere Osten besonders viele Brandherde auf. Damit bestätigt sich auch in diesem Jahr die regionale Ungleichverteilung des globalen Kriegsgeschehens: Weit über 90 Prozent aller Kriege seit 1945 fanden in der »Dritten Welt« statt. In 20 von 38 der ärmsten Länder der Welt herrschen gegenwärtig Kriege oder gewaltsame Konflikte. Dabei spielen der Kampf um die Macht im Staat und Sezessionsbestrebungen die Hauptrolle. Diese innerstaatlichen Kriege dominieren das Kriegsgeschehen der letzten 50 Jahre, so die Untersuchungen der Hamburger Forschungsstelle. Dagegen bilden zwischenstaatliche Auseinandersetzungen wie zuletzt der Irak-Krieg inzwischen die Ausnahme. Nicht nur deshalb ragt er nach Einschätzung der Hamburger Forscher wie auch der Konflikt in Sudan aus dem allgemeinen Kriegsgeschehen hervor und zog erneut die größte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. »Wie vielfach erwartet, führte auch das offizielle Ende der Besatzung durch die USA und ihre Verbündeten und die Einsetzung einer irakischen Regierung nicht zu einem Ende der Gewalt im Land.« In Sudan dauert in der Region Darfur der Krieg mit den gegenwärtig gravierendsten humanitären Auswirkungen weltweit an, auch wenn er weit gehend aus den Medien verschwunden ist. In Kämpfen zwischen regierungsnahen Reitermilizen und Stämmen sind nach Schätzungen der Internationalen Krisengruppe bis zu 300 000 Menschen getötet worden. Trotz verstärkter internationaler Bemühungen gelang es bislang nicht, diesen Konflikt in friedlichere Bahnen zu lenken. UNO-Generalsekretär Kofi Annan verlangte dieser Tage eine Anklage der Verantwortlichen für die Massenmorde in der Krisenregio...

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