Vergesst Steinbrück, wählt CDU!

SPD-Wahlplakate

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Es kann getrost als Grundregel des Marketinggeschäfts gelten, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte. Nicht die schriftlich formulierte Botschaft schreibt sich gleichsam als Propaganda-Programm in die Hirne ein, sondern deren visuelle Darstellung. Einen Markennamen wie »Tempo« oder »Tesafilm« verbindet unser Gehirn sogleich mit »Papiertaschentuch« bzw. »Klebestreifen«.

Die Wahlwerbung der Parteien - die ja nichts anderes als Marketinggeschäft ist - gehorcht demselben Prinzip der Prädisposition der Wahrnehmung. In die Bundestagswahl 1953 ging die Union mit dem schlichten Satz: »Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau«. Die Buchstaben SPD und KPD fehlten auf diesem Motiv. Die Marketingexperten von CDU und CSU - die freilich damals noch anders genannt wurden - spielten mit der Imaginationskraft der Wähler, die im Kopf auch ohne ausdrücklichen Worthinweis die fehlenden Buchstaben zu einem Sinnbild ergänzten.

Assoziative Werbung funktioniert dann nicht, wenn der Markenname sich derart im kollektiven Gedächtnis festgesetzt hat, dass er quasi zum Gedankengegenstück des Ohrwurms wurde: Man kriegt ein bestimmtes Bild beim Anblick eines Wortes nicht mehr aus dem Kopf. Mögen sich alle Papiertücherhersteller dieses Landes noch so sehr bemühen, ihre Produkte werden den Meisten doch nur »Tempo« bedeuten.

Die SPD weiß das offenbar nicht. Sie plakatiert in der Endphase des Wahlkampfes ein Motiv, auf dem die Kanzlerin in verschiedenen Posen und mit diversen Kabinettskollegen abgebildet ist. Irgendwo verloren wurden die Buchstaben SPD platziert. Dumm nur, dass unsereiner dabei die Botschaft empfängt: Vergesst Steinbrück, wählt CDU!

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