Eines Tages nach Iran

Izad Etemadi, Regisseur

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein tränenverquollenes Gesicht drückt sich an eine kräftige Schulter: Fast könnte man denken, zwei enge Freunde verabschiedeten sich voneinander. Wäre da nicht das Seil des Baukrans, das in den Aufnahmen des iranischen Staatsfernsehens im Hintergrund weht. Und gehörte die Hand, die sanft ein letztes Mal über den Kopf des Verzweifelten streicht, nicht seinem Henker. Es sind Bilder von Menschen, die dafür ermordet werden, dass sie einander lieben. Bilder wie diese sind auch der Grund, warum Izad Etemadi noch nie sein Heimatland besucht hat.

Der in Kanada lebende iranisch-stämmige Regisseur hat ein Theaterstück geschrieben über das Schicksal von Homosexuellen in Iran. »Borderland« wird dieser Tage in Montreal welturaufgeführt. Von einem fiktiven Zufluchtsort für zwei einander liebende Männer handelt es. »Meine Eltern haben mir immer gesagt, wie glücklich ich sein kann, in Kanada zu leben«, verrät der 23-jährige Etemadi. Die Angst, verhaftet oder getötet zu werden, gehöre zum Leben von Schwulen in Iran.

Ist Kanada vielleicht das Borderland aus seinem Stück? Etemadi unterstützt eine Organisation aus Toronto, die iranischen Homosexuellen bei der Flucht hilft. Hunderten Iranern soll »Iranian Railroad for Queer Refugees« schon geholfen haben. Dennoch ist Homophobie für Etemadi nicht nur ein iranisches Problem: Proteste gegen sein Theaterstück hat es auch in Kanada gegeben. Eine Kirche in Calgary versuchte, die Aufführung verbieten zu lassen.

Und auch Etemadis Optimismus ist global: »Es gibt einen Funken Hoffnung für die Welt«, sagt er - nicht mit Blick auf Ruhani, sondern auf die Entscheidung des US-Supreme Courts, der im Juni die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Ehen für verfassungswidrig erklärt hatte. »Es werden weitere solche Dinge passieren, wenn wir weiter darüber reden«, gibt er sich überzeugt. Eines Tages wolle auch er nach Iran gehen, sagt Etemadi. Ob er das gefahrlos kann, ist fraglich. Im iranischen Wahlkampf war Homophobie kein Thema. Schwule Aktivisten riefen deshalb zum Boykott auf - von Ruhani und allen anderen Kandidaten.

Fabian Köhler

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