Lange nicht gesehen

Reza Shahabi, Gewerkschafter

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

Rückenprobleme und niedriger Blutdruck: Die Auskunft der iranischen Nichtregierungsorganisation »Human Rights Activists News Agency« über Reza Shahabi klingt nicht besonders dramatisch. Genaueres könne man aber nicht sagen, gesehen habe man ihn lange nicht.

Drei Jahre dauert Shahabis Odyssee durch die Gefängnisse Irans an. Im Juni 2010 wurde er festgenommen. Fünf Jahre Haft erhielt er wegen »Konspiration gegen die Sicherheit des Staates«, ein weiteres Jahr für die »Verbreitung von Propaganda gegen das System«. Kontakte zur militanten Bewegung der Volksmudschahedin, warf ihm der Richter vor. Doch der wahre Grund für seine Inhaftierung dürfte ein anderer sein: Reza Shahabi ist der Schatzmeister des Teheraner Busfahrer-Syndikats - eine der wenigen und eine der kämpferischsten Gewerkschaften des Landes. Immer wieder fordern die 17 000 Mitglieder öffentlich das, was nicht danach klingt, als würden es das System in Frage stellen wollen: kürzere Arbeitszeiten und höhere Löhne. Sämtliche Führungsfiguren der Gewerkschaft wurden in den vergangenen Jahren verhaftet. Die Organisation wurde schwächer, doch der Protest hält an.

Auch Shahabis Zustand ist kritischer als es Rückenschmerzen vermuten lassen: Anwälte und Familienangehörige beklagen fehlende medizinische Versorgung. 2011 trat er in einen Hungerstreik. Wegen einer Wirbelverletzung drohte ihm die halbseitige Lähmung. Eine Operation wurde abgesagt. Er hätte sie wohl nicht überlebt. 2012 wurde Amnesty International auf seinen Fall aufmerksam, forderte die Freilassung des »friedlichen Gewerkschafters«. Vergebens.

»Eine gewaltige Lücke klafft in den Rechten iranischer Arbeiter und es gibt kaum Signale, dass sie sich schließt«, sagt Sarah Finke vom internationalen Gewerkschaftsdachverband der Transportarbeiter. Gewerkschaftsfunktionäre und Aktivisten wie Reza Shahabi würden auch weiterhin inhaftiert werden. »Wir hoffen, dass es einige Verbesserungen in Folge der Wahl geben wird«, betont Finke. Doch am Ende gelte für politische Veränderungen dasselbe wie für Shahabi: Gesehen habe sie lange niemand.

Fabian Köhler

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