Gruseliges Freiheitsbild

Fabian Köhler über einen fleischfreien Tag und die sechs verbleibenden

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 1 Min.

Öko-Faschisten, Fanatiker, Bevormundung wie vor 25 Jahren: Selten ist die Einigkeit am deutschen Mittagstisch so groß, wie wenn es um das Grundrecht auf Schnitzel geht. Einen fleischfreien Tag in öffentlichen Kantinen hatte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Montag angeregt. Auf Unverständnis und Beschimpfungen war sie angesichts dieses »gruseligen Freiheitsbildes« (LINKE-Geschäftsführer Mathias Höhn) gestoßen.

Wie gruselig das Freiheitsbild der deutschen fleischfressenden Mehrheitsgesellschaft tatsächlich ist, lässt sich unterdessen an sieben Tagen die Woche in deutschen Mastanlagen beobachten: Das Schweineschnitzel hat dort den Großteil seines Lebens liegend in einem Metallverschlag verbracht, dessen Enge es zum schwänzefressenden Kannibalen machte. Hennen fristen ihr auf ein Zehntel der natürlichen Lebenserwartung zusammengeschrumpftes Dasein auf einer Fläche, die kleiner ist als jedes Kantinentablet. Der Genuss der Kuhmilch auf selbigem ist zwar für jeden Kantinenbesucher selbstverständlich, nicht aber für jene, die die Evolution eigentlich herfür vorsah: Für Kälber bleiben stattdessen ihre zermahlenen antibiotika- und pestizidverseuchten Artgenossen.

Rund 180 000 Tiere sterben so qualvoll pro halbstündiger Mittagspause in Deutschland. Gruselig ist Künasts Vorschlag deswegen tatsächlich - nicht wegen eines fleischfreien Tages, sondern wegen der sechs verbleibenden.

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