nd-aktuell.de / 07.08.2013 / Brandenburg / Seite 12

Vernunft für Rot-Rot wichtiger als Liebe

Für die Zeit bis zur Landtagswahl 2014 zeichnet sich keine Veränderung ab

Wilfried Neiße

Der scheidende Ministerpräsident Matthias Platzeck und sein designierter Nachfolger Dietmar Woidke (beide SPD) besuchten gestern die Fraktionssitzung des Koalitionspartners LINKE. Für das letzte Jahr bis zur Landtagswahl 2014 zeichnet sich keine Veränderung ab. Offen bleibt, wer danach regiert.

Woidke bekannte, »nervös« zu sein, wenn er an die Herausforderung denke, die nun vor ihm liege. Dann nahm er das »nervös« wieder zurück und sprach von Anspannung. Von der rot-roten Regierung sagte Woidke, sie habe inzwischen mehr erreicht, als man ihr eingangs zugetraut habe.

Zwar verkehrten die Koalitionspartner »nicht immer konfliktfrei«, das sei in Koalitionen »oft so«, wusste Woidke. Entscheidend aber sei, »dass der Streit konstruktiv gelöst wurde«, bekannte der jetzige Innenminister, der intern als Gegner einer rot-roten Koalition gegolten hatte.

Was die verbleibenden Monate der Legislaturperiode betreffe, sei die Zeit »für große Projekte zu kurz«, sagte Woidke. Auf festlegende Aussagen für die Zeit nach der Landtagswahl im Herbst 2014 ließ er sich nicht ein. Der Wähler entscheide, ob eventuell über eine neue Koalition nachgedacht werden müsse.

Der noch amtierende Ministerpräsident Matthias Platzeck sprach von einer »sehr positiven« Bilanz der Koalition. »Das trägt weiter, ungeachtet der ungeplanten, ein wenig schwierigen Umstellung.« Wie wenige Landesregierungen habe die rot-rote in Brandenburg »ihre Wahlversprechen durch die Bank umgesetzt. «Damit sind wir fast fertig.» Platzeck verwies auf den Verzicht auf Neuverschuldung, bei dem Brandenburg im Deutschlandvergleich den dritten Platz einnehme. «Wer hätte das gedacht, wer in den Medien hätte das erwartet? Auf diesem Wege gehen wir erst einmal weiter.»

Auch Linksfaktionschef Christian Görke zeigte sich zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Brandenburg sei sozial und dynamisch vorangekommen. Auf eine mögliche Abneigung Woidkes gegen eine weitere rot-rote Regierung angesprochen, sagte Görke, eine Koalition sei keine Ehe, setze also auch keine Liebe voraus. «Eine Regierungskoalition ist eine Vernunftgemeinschaft.»

In der Linksfraktion habe nicht ein einziger Abgeordneter Skepsis gegenüber der Fortsetzung der Koalitionsarbeit geäußert, erzählte Görke. Vor dem Land liegen als Aufgaben die schwierige Arbeit des Nachtragshaushalts, die kommunale Neugliederung und die komplizierte Situation der Solarindustrie. Europa befinde sich «nach wie vor in einer Krise», davon werde Brandenburg nicht unberührt bleiben. Weil Brandenburg ältere Lehrer bei der geforderten Zahl der Unterrichtsstunden entlasten wolle, müsse es in einem Jahr rund 400 Pädagogen zusätzlich einstellen. Vom Ziel, die Zahl der Stellen bei der Polizei auf 7000 zu senken, habe man sich verabschiedet, 2019 werden es 7625 sein, sagte Görke.

Dies mochte der als neuer Innenminister vorgesehene SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher nicht bestätigen. Absprachen gebe es dazu nicht. Befragt nach künftigen politischen Baustellen nannte Holzschuher eine echte Baustelle: den Großflughafen in Schönefeld. Staatssekretär Rainer Brettschneider sei zweifellos befähigt als Nachfolger von Matthias Platzeck Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft zu werden. Doch wäre zu bedenken, dass die Gesellschafter Berlin und Bund zustimmen müssen.

FDP-Fraktionschef Andreas Büttner forderte angesichts der Regierungsumbildung die Ablösung von Bildungsministerin Martina Münch (SPD) und von Umweltministerin Anita Tack (LINKE).