Lavabit kaltgestellt

Snowdens Mailplattform abgeschaltet / Obama-Administration zeigt Nerven

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Whistleblower Edward Snowden und Hunderttausende andere Internetnutzer müssen sich einen neuen E-Mail-Anbieter suchen. Das US-Unternehmen Lavabit aus Texas und andere haben den Betrieb eingestellt. Nicht freiwillig.

»Ich wünschte, ich könnte euch legal mitteilen, welche Ereignisse zu meiner Entscheidung geführt haben«, erklärte Ladar Levison, Besitzer der in Dallas ansässigen Internetfirma Lavabit. Doch »so wie die Dinge derzeit stehen, kann ich nichts über meine Erfahrungen in den letzten sechs Wochen sagen«. Obwohl er zwei Anfragen gestellt habe. Lieber mache er seine Firma zu, als dass sie sich »mitschuldig macht an Verbrechen gegen das amerikanische Volk«.

Man braucht nicht viel Fantasie, um zu schließen: Eine US-Behörde setzte Lavabit unter Druck. Weil der einstige US-Geheimdienstler Edward Snowden, der die gigantische Spitzelpraxis des US-Geheimdienstes NSA an den Pranger stellt, unterhielt E-Mail-Konten bei Lavabit.

Das weiß man unter anderem von der russischen Menschenrechtlerin Tanja Lokschina. Sie hatte vor ihrem Treffen mit Snowden auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo eine E-Mail des Gejagten mit einer Lavabit-Adresse erhalten. Eine Datenbank des Massachusetts Institute of Technology zeigt zudem, dass in den vergangenen vier Jahren drei Lavabit-Adressen auf den Namen »Ed Snowden« registriert waren.

Vermutlich hat sich der Abtrünnige dort angemeldet, weil der E-Mail-Anbieter eine sehr sichere Alternative zu den Webmail-Diensten von Yahoo und Google ist. Lavabit hatte seinen Kunden zugesagt, deren E-Mails so zu verschlüsseln, dass ein Zugang nur mit dem Passwort des Nutzers möglich sei. Auf inzwischen abgeschalteten Seiten des Anbieters hatte es geheißen, dass Lavabit den Verschlüsslungsdienst speziell konzipiert habe, um geheime Abfragen von US-Behörden abzuwehren.

Nun kam die Quittung. In Levisons Erklärung wird der Name Snowden nicht erwähnt. Doch es gibt keinen anderen Hinweis auf irgendwelche Verfehlungen, weshalb gegen die Internetfirma ermittelt werden könnte.

Wenige Stunden nach Lavabit ging auch der Anbieter Silent Circle aus dem US-Staat Maryland vom Netz. Noch gebe es keine Durchsuchungsbefehle oder andere Anfragen, doch die wolle man nicht abwarten, sagte der Chef von Silent Circle, Mike Janke, zur »New York Times«. Sämtliche Daten seien vernichtet worden. Es sei allemal besser, Kunden zu verärgern, als gezwungen zu werden, Daten auszuhändigen, sagte Janke.

Den Drohungen gegen die beiden Anbieter waren andere vorausgegangen. Eine richtete sich gegen das Anonymisierungsnetzwerk Tor. Tor verschleierte die eigene IP-Adresse. Benutzt wurde es unter anderem von Whistleblowern. Bis das FBI - angetrieben von der NSA - erschien. Als der Anbieter Freedom Hosting, bei dem viele Server von Tor stehen, wieder online war, lieferte er angeblich einen Trojaner frei Haus. Der enttarnt Nutzer direkt beim FBI.

Auch wenn Präsident Barack Obama alles tut, um die Bürger im NSA-Fall einzuschläfern - seine Administration ist hellwach und zeigt Nerven.

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