nd-aktuell.de / 11.08.2013 / Politik / Seite 1

Plattenbau statt Frieden: Israel plant neue Siedlungen

Über 1000 neue Wohnungen sollen im besetzten Westjordanland entstehen

Jerusalem (dpa/nd) - Drei Tage vor neuen Friedensgesprächen mit den Palästinensern hat Israel Baupläne für mehr als tausend neue Wohneinheiten in Siedlungen verkündet. Das Wohnungsbauministerium teilte am Sonntag mit, es sollten Ausschreibungen für 1187 Wohnungen in Ost-Jerusalem und verschiedenen Siedlungen im Westjordanland veröffentlicht werden.

»Kein Land der Erde lässt sich von anderen Staaten vorschreiben, wo es bauen und wo es nicht bauen darf«, sagte Bauminister Uri Ariel. Der Bau israelischer Siedlungen im 1967 von Israel besetzten Westjordanland verstößt gegen das Völkerrecht und wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder von den Vereinten Nationen verurteilt.

Die Vorsitzende der linksliberalen Merez-Partei kritisierte die Baupläne am Sonntag scharf. »Der Bau Tausender Wohneinheiten in Siedlungen ist wie eine Bombe, die die Regierung legt, um die Friedensverhandlungen zu zerstören«, sagte Sehava Galon nach Angaben der Nachrichtenseite »ynet«. Oppositionsführerin Shelly Jachimovich (Arbeitspartei) nannte die Ankündigung von Ariel »einen Finger im Auge der USA, Europas, der Palästinenser und der klaren Mehrheit der Israelis, die einen Frieden wollen«.

Die neue Bauankündigung kam wenige Stunden vor der Abstimmung eines zuständigen Ministerausschusses über die Freilassung einer ersten Gruppe von insgesamt 104 palästinensischen Langzeithäftlingen. Der Ausschuss wollte am Sonntagabend über die Namen von insgesamt 26 Häftlingen entscheiden, die noch vor dem Abkommen von 1993 zwischen Israel und den Palästinensern verhaftet worden waren. Sie sollen vor der nächsten Nahost-Gesprächsrunde freikommen, die am Mittwoch in Jerusalem geplant ist. Zurzeit sitzten noch Tausende Palästinenser in Israel in Haft. Hunderte von ihnen haben keinen Zugang zu einem Anwalt oder fairen Verfahren.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat hatte sich nach Medienberichten bereits vergangene Woche in einem Brief an US-Außenminister John Kerry empört über den israelischen Siedlungsbau geäußert. Die Zeitung »Haaretz« hatte von einer Vereinbarung zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Kerry berichtet. Demnach werde Israel während der erwarteten neun Verhandlungsmonate nur den Bau von 1000 Wohneinheiten in großen Siedlungsblöcken vorantreiben. Davon abgesehen werde es keine neuen Bauprojekte der Regierung geben.

Zurzeit leben in rund 250 israelischen Siedlungen etwa 600.000 Israelis im besetzten Westjordanland. Die Zerklüftung des Landes durch Siedlungen, Trennungsmauer und für Palästinenser gesperrte Straßen machen einen zusammenhängenden palästinensischen Staat zunehmend unmöglich.