nd-aktuell.de / 22.08.2013 / Politik / Seite 20

Test auf Jungfräulichkeit

Auf der indonesischen Insel Sumatra will man Oberschülerinnen künftig vor der Schulzulassung untersuchen

Barbara Barkhausen
In Indonesien schlagen die Wogen hoch. In der Stadt Prabumulih auf Sumatra will man Oberschülerinnen künftig einem Jungfrauentest unterziehen. Das soll Prostitution und Sex vor der Ehe verhindern. Kritiker sprechen von Diskriminierung.

Wenn es nach der Verwaltung der Stadt Prabumulih im Süden Sumatras geht, sollen High School-Schülerinnen künftig einen Jungfrauentest absolvieren. Damit wollen die Behörden Prostitution und Sex vor der Ehe verhindern. Kritiker werfen den Beamten Diskriminierung vor. Bildungsminister Mohammad Nuh forderte die Region auf, einen »weiseren Umgang« mit dem Thema zu wählen.

Die Idee für den Test entstand, nachdem die Polizei den Versuch gerade noch vereiteln konnte, sechs junge Frauen zur Prostitution zu zwingen. Muhammad Rasyid, Leiter der örtlichen Bildungsbehörde, verteidigte deswegen seinen Vorschlag gegenüber den Medien. Er betonte, es sei die richtige Art und Weise, Kinder vor Prostitution und Sex zu schützen. Nach einem Bericht der lokalen Zeitung »The Jacarta Post« soll aber auch die Besorgnis einiger Verwaltungsangestellter dahinter stecken, was sich in einem Sportzentrum der Stadt abspielt und was die Schülerinnen und Schüler dort genau miteinander machen.

Indonesien ist mit 240 Millionen Menschen das bevölkerungsreichste muslimische Land. Der Islam erlaubt Sex nur innerhalb der Ehe, Geschlechtsverkehr sollte erstmals in der Hochzeitsnacht stattfinden. Der Plan, junge Mädchen als Abschreckungsmaßnahme auf ihre Jungfräulichkeit zu testen, hat den Behörden aber nun Kritik von allen Seiten eingehandelt. »Wenn sie Schülerinnen finden, die keine Jungfrau mehr sind, was wollen sie dann machen?«, fragte Deny Trisna, eine Lehrkraft an einer der High Schools in Prabumulih im Gespräch mit der »Jacarta Post«. Es solle doch an den Schulen selbst sein, frühe Sexualbeziehungen zwischen den Schülern zu verhindern.

Die Leiterin des Frauenhauses auf Sumatra, Yeni Roslaini bezeichnete den Test als Menschenrechtsverletzung. Schließlich sei Jungfräulichkeit ein sehr privates Thema, deswegen grenze der Test an sexuelle Belästigung. »Die Regierung sollte den Effekt eines solchen Tests auf Schülerinnen bedenken«, sagte sie der »Jacarta Post«.

Sollte der Test tatsächlich umgesetzt werden, wird er für 15- und 16-jährige Mädchen gelten. Während der Untersuchung soll festgestellt werden, ob das Hymen der Mädchen noch intakt ist. Dieses sogenannte Jungfernhäutchen gilt nach wie vor als Zeichen der Jungfräulichkeit. Allerdings kann das Hymen auch bei anderen Aktivitäten wie beim Sport oder bei einem Unfall bereits gerissen sein. Jungen sollen dagegen weder untersucht noch befragt werden, ob sie bereits Geschlechtsverkehr hatten.

Ganz ungewöhnlich ist der Vorschlag für Indonesien nicht. In dem südostasiatischen Land stoßen immer wieder konservative und moderne Stimmen aufeinander. Bereits 2010 hatte ein Politiker vorgeschlagen, nur jungfräuliche Teenager in Höheren Schulen zuzulassen; 2012 sollten Miniröcke verboten werden. Beide Vorschläge waren damals kläglich gescheitert. Im April dieses Jahres waren jedoch fünf Schülerinnen von ihrer High School verwiesen worden, nachdem sie ein Tanzvideo filmten und dies auf YouTube hochluden. In einem Distrikt in Aceh dürfen Frauen seit diesem Jahr nur noch seitwärts auf Motorrädern mitfahren, da man ansonsten ihre »weiblichen Kurven« zu sehr sehen könnte.