nd-aktuell.de / 31.08.2013 / Brandenburg / Seite 13

Energietisch in der Offensive

Sprecher: Abgeordnetenhaus will mit falschen Behauptungen die Wähler täuschen

Malene Gürgen

Die rot-schwarze Koalition ist sich sicher: »Überflüssig« sei das Energietisch-Volksbegehren, ein »hohes finanzielles Risiko« das Stadtwerk, »keinerlei öffentliche Kontrolle« sehe der Gesetzesentwurf vor. So steht es in der Stellungnahme, die das Abgeordnetenhaus am Donnerstag auf Antrag der Regierungsfraktionen beschlossen hat.

»Mal eine Aussage zuzuspitzen, ist natürlich in Ordnung«, sagt der Energietisch-Sprecher Stefan Taschner. »Aber mit dieser Stellungnahme voller Fehlbehauptungen wird die Öffentlichkeit schlicht getäuscht.« Michael Efler, Vertrauensperson des Volksbegehrens, ergänzt: »Das Niveau der Debatte im Abgeordnetenhaus war beängstigend schwach.« Nun sei aber zumindest der Standpunkt der Regierungsfraktionen klar: »In der Stellungnahme gibt es weder ein Bekenntnis zum Stadtwerk noch zur Netzgesellschaft, es ist jetzt also endgültig klar, dass von der Koalition in dieser Richtung nichts zu erwarten ist«, so Efler.

Die Behauptung, der Volksentscheid sei überflüssig, da sich das Land Berlin bereits mit einem Eigenbetrieb für die Vergabe der Stromnetze beworben hat, ist für Taschner nicht haltbar: »Es war nie Ziel des Volksbegehrens, sich an dem laufenden Vergabeverfahren zu beteiligen.« Vorgesehen sei nur, dass die Netze nach der Vergabe von der zu gründenden Berliner Netzgesellschaft betrieben werden sollen. »Da die Netzwerkgesellschaft an dem Vergabeverfahren also gar nicht teilnimmt, greift auch das Argument nicht, dass eine solche Teilnahme und damit das Volksbegehren wettbewerbswidrig seien«, sagt auch Michael Below, Jurist und ebenfalls Vertrauensperson des Volksbegehrens. Auch die Behauptung mangelnder parlamentarischer Kontrolle weist er mit Verweis auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zurück, welches besagt, dass es innerhalb eines parlamentarisch vorgegebenen Rahmens sehr wohl möglich ist, dass Betroffene - in diesem Fall die Stromkunden und Mitarbeiter - Entscheidungen selbst treffen können.

»Das finanzielle Risiko des Stadtwerks ist so überschaubar, wie es nur geht«, widerspricht Stefan Taschner einer weiteren Kritik von Rot-Schwarz. Zwar mache der Gesetzesentwurf bewusst nur wenig Vorschriften zur Finanzierung des Stadtwerks, um dem Abgeordnetenhaus den Spielraum zu geben. Sehr wohl vorgeschrieben sei aber, dass das Stadtwerk den kaufmännischen Grundsätzen verpflichtet sein muss. Die gerade von der CDU immer wieder angeprangerten »Sozialtarife« sehe der Gesetzesentwurf im Übrigen gar nicht vor - zwar soll die Energieversorgung sozialverträglich gestaltet werden, jedoch ergeben sich aus dieser Formulierung keine individuellen Rechtsansprüche und damit auch keine festgelegten Ausgabeposten.

Insgesamt, sagt Michael Efler, sei die Strategie der Regierungsfraktionen nichts Neues: »Für überflüssig erklären und mit Fehlinformationen verwirren - das ist beim Wasser-Volksbegehren genauso gelaufen.« In den vielen bisherigen Beratungen mit Parlamentariern sei von diesen Kritikpunkten außerdem nie etwas zu hören gewesen - das zeige bereits, dass diese eher strategisch als tatsächlich stichhaltig sind. Stefan Taschner bewertet die Entscheidung des Abgeordnetenhauses als ein klares »Einknicken« der SPD.

Deren Landesvorsitzender Jan Stöß hält derweil gegenüber »nd« daran fest, dass die Rekommunalisierung von Strom ein »Kernanliegen der großen Koalition« sei. »Wir bedauern es deshalb sehr, dass die CDU unserem Vorschlag, den Gesetzesentwurf anzunehmen, nicht gefolgt ist«, so Stöß.