Beunruhigende Ölsuche

Sondierung des Meeresbodens der Adria mit Druckwellen bedroht Wale und Delfine

  • Elke Bunge, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.
Das norwegische Unternehmen Spectrum Geo untersucht im Auftrag der kroatischen Regierung den Meeresboden vor der Adriatischen Küste. Ein Unterfangen, das aus verschiedenen Gründen umstritten ist.

Schon seit Längerem vermuten Geologen reichhaltige Öl- und Gasvorkommen unter der Adria. Im Juli 2013 hatte das norwegische Erkundungsunternehmen Spectrum mit Kroatien einen Vertrag unterzeichnet, der eine gezielte Untersuchung des vor dem Lande liegenden Meeresuntergrundes erlaubt. Ein Spezialschiff des skandinavischen Unternehmens erkundet den Boden mit seismischen Methoden. Dabei werden vom Schiff Schallwellen zum Meeresboden geschickt und die Reflexionen gemessen. Das erlaubt Geologen an Bord Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit und mögliche Materialvorkommen. Wie Jorn Christiansen, Cheftechniker bei Spectrum, erklärte, werden vom Schiff aus Schallwellen mit einem Druck von 240 Dezibel gegen den Meeresboden gesandt.

Umweltorganisationen wie OceanCare, NRDC und die Partner der Kampagne »Silent Oceans« melden Bedenken wegen des extremen Unterwasserlärms an. Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, kritisiert, dass die Entscheidung der kroatischen Regierungsvertreter ohne Mitwirkung der betroffenen Küstenbewohner - Fischer und Touristikunternehmen - gefallen ist. Der Unterwasserlärm könnte die Meeresfauna erheblich beeinträchtigen. »Wir fürchten um Gesundheit und Leben der dort existierenden Wal- und Delfinarten«, so Lüber.

Cheftechniker Christiansen versucht zwar, abzuwiegeln: »Wir senden erst leichte Schallwellen aus, die die Tiere aus dem unmittelbaren Untersuchungsraum vertreiben, erst dann beginnt das Erkundungsprogramm.« Doch der Ingenieur kann nicht ausschließen, dass die Tiere sich für immer aus ihrer angestammten Lebensumwelt zurückziehen.

Vor der Küste Mexikos sind solche seismischen Untersuchungen inzwischen von internationalen Gerichten untersagt worden. Auch Kroatien hatte sich ursprünglich entsprechenden Konventionen angeschlossen, ignoriert die Verträge jedoch nun.

Kritiker sehen noch ein weiteres Risiko. »Wir beobachten mit Sorge die Zunahme seismischer Bewegungen in der Region«, erklärte Claudio Chiarabba, vom Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie Italiens. Vor allem der Apenninrücken und die der Adria zugewandten Seite sind zunehmend von Erdbeben betroffen. Es wird befürchtet, dass es bei der Ölsuche zu Überlagerungen der künstlichen Druckwellen mit den Bewegungen der Erdplatten kommen könnte.

Und so misstrauisch die Küstenbewohner den Erkundungen zuschauen, so skeptisch bewerten sie die Zukunft. Bohrtürme und Pipelines in der Adria errichtet sehen Touristikunternehmen wie Fischereiverbände gleichermaßen als Bedrohung.

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