Arzttermin nur für privat Versicherte

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Potsdam (dpa/nd). Magenschmerzen möchte jeder schnell loswerden. Wie lange man auf die Behandlung warten muss, richtet sich in vielen Fällen allerdings nach der Art der Krankenversicherung. Brandenburgs Kassenpatienten müssen deutlich länger auf Facharzttermine warten als Privatversicherte. Im Durchschnitt sei die Wartezeit für gesetzlich Abgesicherte 24 Tage länger, ergab eine Befragung der märkischen Grünen. Die Erhebung, die gestern veröffentlicht wurde, zeigt vor allem für den Südosten des Landes große Unterschiede auf. Dort bekomme ein Kassenpatient im Schnitt sogar erst 33 Tage später einen Termin als Privatversicherte, hieß es.

In rund 30 Prozent der Praxen werden alle Terminanfragen gleich behandelt, bei knapp mehr als zehn Prozent der Praxen unterschieden sich die Wartezeiten um mehr als 100 Tage, wird geschildert. Besonders problematisch sei die Lage für Patienten mit Haut- und Augenproblemen in Cottbus und Umgebung. Dort wurden bei 17 von 21 angerufenen Praxen gar keine Termine an Kassenpatienten vergeben, mit einer privaten Absicherung betrug die Wartezeit zwei bis vier Wochen.

Insgesamt haben 42 der 250 getesteten Facharztpraxen keine Termine an gesetzlich Versicherte vergeben, Privatpatienten wurden in den gleichen Praxen meistens relativ zeitnahe Termine vorgeschlagen.

Bei der Befragung wurden Facharztpraxen in ganz Brandenburg zweimal angerufen. Es wurde jeweils einmal um einen Termin für einen Kassen- beziehungsweise für einen Privatpatienten gebeten. Die angegebenen Beschwerden waren identisch.

Als Grund für die unterschiedliche Behandlung der Anfragen sehen die Grünen Honorarunterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Demnach bekommt ein Arzt für die Behandlung eines privat Abgesicherten eine doppelt so hohe Vergütung wie für die Behandlung eines Kassenpatienten.

Nach Angaben des Landesverbands der Ersatzkassen sind zum Stichtag am 1. Juli 2013 fast 2,3 Millionen der rund 2,45 Millionen Brandenburger gesetzlich krankenversichert gewesen.

SPD, LINKE und Grüne wollen die bisherige Aufteilung und Trennung durch einen Bürgerversicherung ersetzen. Die LINKE verficht dabei die konsequenteste Variante. Bei ihrem Modell einer solidarischen Bürgerversicherung müssten dort alle einzahlen, auch Beamte, Selbstständige und sehr gut bezahlte Angestellte, die sich bisher durch eine private Krankenversicherung aus einer gerecht verteilten Finanzierung des Gesundheitswesens herausstehlen konnten.

Die märkische Ärztekammer warnte gestern vor einer Abschaffung der privaten Krankenversicherungen. Das Miteinander gesetzlicher und privater Kassen habe sich bewährt, behauptete der Vorstand. Angeblich bringe die Bürgerversicherung »gerade für finanziell Schwächere erhebliche Nachteile mit sich«, denn während sich Wohlhabende ärztliche Leistungen hinzukaufen könnten, müsste sich »die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung mit dem eingeschränkten Standardangebot der Einheitsversicherung begnügen«. Auch müssten sich Patienten wahrscheinlich auf längere Wartezeiten einstellen.

Angesichts der Befragungsergebnisse der Grünen klingen diese Argumente wie Hohn. Menschen, die sich eine private Versicherung nicht leisten können, erhalten auch jetzt nur ein Standardangebot. Für ihre Behandlung wäre bei einer solidarischen Bürgerversicherung aber mehr Geld vorhanden. Ein besseres Standardangebot wäre dann möglich.

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