Ökonom Bontrup für Umverteilung

»Während die realen Arbeitnehmerentgelte stagnierten, stiegen die Unternehmer- und Vermögenseinkommen weit überproportional«, resümiert Professor Heinz-Josef Bontrup das Wirtschaftsgeschehen im Deutschland des vergangenen Jahrzehnts. Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen sei drastisch geschrumpft. Längst liege die Niedriglohnquote in Deutschland bei 22,8 Prozent.

Eine Umverteilung von unten nach oben macht Bontrup aber bereits seit Beginn der Ölkrise Anfang der 1970er Jahre aus. Sie werde durch den Druck der Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne verstärkt. »Nur mit Arbeitszeitverkürzung kann es eine gerechte Umverteilung geben«, glaubt der kritische Ökonom deshalb. Auch große Vermögen will er wieder wirksam besteuert sehen.

Alles Forderungen, die von gewöhnlichen Ökonomen selten zu hören sind. Überhaupt ist Bontrup nicht gut zu sprechen auf einen Gutteil seiner Kollegen. Der »neoliberalen Mainstream-Ökonomie« wirft der gewerkschaftsnahe Wirtschaftswissenschaftler schlicht »klägliches Versagen« vor. Bontrup ist einer der wenigen Ökonomen in Deutschland, die auch nach der »neoliberalen Revolution« (Milton Friedman) darum kämpft, zumindest ein bisschen Restverstand in den Wirtschaftswissenschaften zu bewahren.

Das zählt gleichsam zu des Professoren ehrenamtlichen Pflichten. Der 60-Jährige Direktor des Energieinstituts an der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen firmiert als Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Die legt seit Jahren ein kritisches Gegengutachten zu den jährlichen Empfehlungen der so genannten »Wirtschaftsweisen« an die Bundesregierung vor und unterstützt das UmFAIRteilen-Bündnis und dessen Forderungen.

Auch SPD und Grüne lässt Bontrup nicht ungeschoren. Rot-Grün habe unter Kanzler Gerhard Schröder den Spitzensteuersatz und Unternehmenssteuern drastisch abgesenkt. An der rot-grünen Agenda 2010 kann Bontrup »nicht in Spurenelementen« eine soziale Politik erkennen.

Zu den Folgen einer immer ungerechteren Verteilung zählt Bontrup, dass sich in Nordrhein-Westfalen die Zahl der Privatinsolvenzen binnen eines Jahrzehnts mehr als verfünffacht hat.