nd-aktuell.de / 18.09.2013 / Politik / Seite 6

Unbefangen über Geld geredet

NSU-Prozess »klemmt«

René Heilig

Eigentlich sollte es beim Prozesstag am Dienstag im Verfahren gegen Mitglieder und Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) um den in Rostock verübten Mord an Mehmet Turgut gehen. Es ist einer von zehn, die von der rechtsextremistischen Terrorgruppe verübt wurden. Doch dann beschäftigten sich Juristen mal wieder mit sich selbst. Grund war der abermalige Versuch der Verteidigung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, das Gericht für befangen zu erklären.

In dem 18-seitigen Schriftsatz geht es ums Geld. Wolfgang Stahl, einer der drei Verteidiger Zschäpes, fordert für seine Tätigkeit einen Vorschuss von 77 000 Euro. Stahl macht 756 Stunden und 17 Minuten geltend, die er seit dem 20. November 2011 in das Verfahren investiert habe. Das Gericht billigt ihm lediglich 5000 Euro zu. Damit, so wird um die Ecke argumentiert, dränge sich seiner Mandantin der Eindruck auf, dass die Verteidigung durch »Kurzhalten« diszipliniert werden solle.

Um eine angemessene Verteidigung zu sichern, könne er - so wie seine Team-Kollegen Anja Sturm und Wolfgang Heer - fast keine anderen Mandate mehr annehmen. Doch die Fixkosten für seine Kanzlei betrügen 5000 bis 6000 Euro im Monat, argumentiert Stahl. Seine Umsätze vor dem Verfahren hätten bei 20 000 Euro monatlich gelegen, der Jahresumsatz sei nun auf zuletzt 181 000 Euro gesunken.

Bislang hat Stahl seinen Ärger nur beiläufig und über Twitter verbreitet: »Lese gerade in Ruhe ein viertes Mal meine Post aus München. Ich bin erstmals richtig und enorm verärgert über den Senat.« Nun twitterte er höchst verärgert: »Jedenfalls verdient unsere Haushaltshilfe mehr als doppelt soviel - ohne Gehälter und Miete davon zahlen zu müssen.«

Stahl ist »bis auf Weiteres« nicht in München, er habe in Koblenz zu tun. Ärger ist programmiert, denn beigeordnete Pflichtverteidiger sind verpflichtet, am Verfahren teilzunehmen. Am Nachmittag kündigte die Verteidigung einen weiteren Befangenheitsantrag wegen der Ablehnung des ersten an. Derweil erkundigten sich die ersten Nebenkläger nach Rückreisemöglichkeiten.