nd-aktuell.de / 19.09.2013 / Kultur / Seite 16

Kochkunst und Kriminelles

Martin Walker mit »Bruno« im Périgord

Harald Loch

Was für ein schönes Kochbuch ist dieser Kriminalroman! Der weltläufige Schotte Martin Walker hat sein Paradies auf Erden im südwest-französischen Périgord gefunden und lädt seine Leser in die Küche des »chef de police« Bruno. Dieser Weiseste unter den Uniformierten - meist unbewaffnet - stiftet in aller Regel Frieden am Ufer der Vezère. Er liebt seine Kleinstadt, macht sich als Rugby-Trainer bei der Jugend unentbehrlich und verbindet ein regionales savoir vivre mit dem common sense seines britischen Schöpfers. Sein fünfter Fall - die wachsende Fan-Gemeinde erwartete ihn händeringend - hat es in sich. In einem Kahn treibt eine Frauenleiche den Fluss hinunter: Selbstmord oder Verbrechen? Zugleich wollen Spekulanten unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel einen Ferienpark in der Idylle errichten. Dann wird Bruno noch wegen einer misshandelten Ehefrau gerufen.

Martin Walker, im »ersten Leben« politischer Korrespondent der britischen Zeitung »The Guardian« in Washington, fand in seinem zweiten Leben nicht nur Geschmack an der schönen Landschaft des Périgord, sondern genießt vor allem die regionale Küche. Weshalb er auf die Idee kam, seinem »chef de police« das Geschick zu verleihen, vor allem die einfachen Gerichte der einfachen Leute der Gegend schnell zubereiten zu können. Der Autor selber hat das schriftstellerische Talent, die von ihm gesponnenen Fäden von den verschiedenen Enden her zu einem dicken Strang zu verzwirnen, in dem sich die Leiche, die Spekulanten und die misshandelte Ehefrau als zusammenhängend entpuppen. Bruno wird aufs Äußerste gefordert und entwirrt alles auf kunstvolle Weise. Dazu muss er unter die Erde steigen, muss in den Grotten und auf unterirdischen Gewässern des Périgord Jagd auf Verbrecher machen und sie in einem vielleicht etwas zu lang gezogenen Showdown zur Strecke bringen.

Dazwischen beköstigt er seine ins ferne Paris beförderte, ihm nicht wieder aufs Land folgende Geliebte, seine schottische Partnerin, mit er die Leidenschaft zum Reiten teilt. Dazu gibt es guten Wein aus der Umgebung. Die Franzosen nennen diese Kombination »terroir«, regionale Kulinarik, oft seit Jahrhunderten überliefert, mit den besten - nicht etwa den teuersten - Zutaten und mit traditionellen Geräten zubereitet. Seinen Beruf übt er ebenfalls mit den besten Zutaten aus: Frieden stiften, gerecht bleiben, dem großen Geld misstrauen, einfachen Menschen vertrauen, mit Mut und Hingabe an seine Kleinstadt für eine legere Ordnung sorgen. Die kultivierte Sprache hält alles bestens zusammen. Man wird den Krimi nicht ohne den einen oder anderen Gang zum Kühlschrank lesen können und zwischendurch zum Kochtopf schauen.

Martin Walker: Femme fatale . Der fünfte Fall für Bruno. Chef de Police. Aus dem Englischen von Michael Windgassen. Diogenes. 427 S., geb., 22,90 €.