Asphaltwüste am Tiefwasserhafen

Am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven herrscht ein Jahr nach seiner Eröffnung Kurzarbeit

  • Burkhard Ilschner
  • Lesedauer: 3 Min.
Noch immer ist der Containerumschlag am Jade-Weser-Port mickrig. Trotzdem soll der Hafen noch erweitert werden.

»Große Projekte wie der Jade-Weser-Port sind nie frei von Kritik. Aber unsere Kommunikation ist frei davon, Dinge schön zu reden.« So steht es auf der Webseite des ersten deutschen Tiefwasserhafens, der vor nunmehr einem Jahr in Wilhelmshaven in Betrieb genommen wurde. Zwischen 1,5 und 2 Milliarden Euro kostet die in den Jade-Schlick gerammte Kaje die Steuerzahler - genau wird das erst bezifferbar sein, wenn alle Fehler beim Bau der Kaje behoben und gerichtlich geklärt sind. Die (bislang) letzten Risse waren im März entdeckt worden, die Sanierung zog sich bis in den Sommer.

Kein Kommunikations-Experte kann schön reden, was auch nach Inbetriebnahme alles schief gelaufen ist. Sicher hat die Krise von 2008 dazu beigetragen, dass der JWP bis heute unterbeschäftigt vor sich hin dümpelt. Aber das genügt nicht als Erklärung, Zweifel an den investitionsbestimmenden Prognosen erscheinen angebracht.

Noch Mitte Januar 2013, als die Tiefwasserkaje schon vier Monate auf Container wartete, verkündete der damalige Wirtschaftsminister Niedersachsens, Jörg Bode (FDP), »nach den bisherigen Berechnungen« werde der JWP seine Kapazitätsgrenze von jährlich 2,7 Millionen Standardcontainern (TEU) »spätestens 2018 erreicht haben«. Prompt begann - trotz Regierungswechsels in Hannover - im April die Debatte über eine JWP-Erweiterung, eine zwei Millionen Euro teure »Machbarkeitsstudie« soll das bis 2015 klären helfen. 700 000 TEU waren für 2013 vorhergesagt worden, tatsächlich werden es wohl weniger als 100 000 sein. Trotzdem prognostizierte im Juli das Bundesverkehrsministerium in seiner »Seeverkehrsprognose«, die zu den Vorarbeiten für den nächsten Bundesverkehrswegeplan 2015 zählt, dem JWP für 2030 einen Umschlag von 3,4 Millionen TEU.

Sowohl die Entwicklung der Containerschiffsgrößen - deutlich mehr Ladung bei kaum mehr Tiefgang - als auch die massiven Hafenerweiterungen von Rotterdam im Westen bis Gdansk und Ust-Luga im Osten lassen die Träume vom Superhafen zerplatzen. Nur will man dies in Wilhelmshaven ebenso wenig wahr haben wie in Hannover und Bremen. Die Mærsk-Reederei als Partner des JWP-Betreibers Eurogate hat aktuell 74 Schiffsanläufe von heute bis Mitte März 2014 auf dem Fahrplan - weniger als drei pro Woche. Einer davon ist der neue Riese »Majestic Mærsk«, der auf seiner Jungfernreise Stippvisite macht. Nur drei weitere haben mehr als 10 000 TEU Kapazität: Von einer Auslastung der Möglichkeiten des Tiefwasserhafens zu reden, wäre anmaßend.

Umgeschlagen werden zudem erhebliche Anteile Leercontainer. Die riesige Terminalfläche gleicht tage- und wochenlang einer Asphaltwüste, bis mindestens März 2014 herrscht Kurzarbeit. Die gepriesene Ansiedlung eines Tiefkühlunternehmens führt aktuell zu Streit, weil der Inhaber wegen leerer Versprechungen Pachtnachlass und Schadensersatz fordert. Es ist nicht der einzige Zoff: Vor Gericht streitet Eurogate mit der Hafenverwaltung um niedrigere Tarife, die ihrerseits völlig abstrus vom Betreiber verlangt, in dem arbeitslosen Hafen weitere Giga-Brücken zu errichten.

Der Misserfolgskarren soll nun mit Tricks aus dem Schlick gezogen werden: Ein neuer Manager soll es richten, allerdings von Oldenburg aus, denn er ist parallel zuständig auch für die anderen niedersächsischen Häfen. Außerdem soll ein neuer Name her: Tschüss, JWP - willkommen am »Container Terminal Wilhelmshaven«!

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