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Zusammenhalten und durchbeißen

Dänemarks Sozialdemokraten suchen neuen Kurs

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach zwei Jahren in der Regierung befürchten die dänischen Sozialdemokraten demnächst ein Wahlfiasko.

Zwei Jahre steht die von Dänemarks Sozialdemokraten angeführte Mitte-Links-Koalition jetzt in Regierungsverantwortung, die Euphorie der Wahlnacht ist längst verflogen. Die Umfrageergebnisse für die drei Koalitionspartner haben sich auf einem Niveau eingepegelt, das eine herbe Niederlage demnächst mehr als wahrscheinlich macht. Vor den Kommunalwahlen im November fürchten einige sozialdemokratische Bürgermeister die Anwesenheit von Partei- und Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt so sehr, dass sie sich öffentlich jede Wahlkampfhilfe verbeten haben.

Wie es so weit kommen konnte und was zu tun wäre, darüber beriet am vergangenen Wochenende der sozialdemokratische Jahreskongress. Die Mehrheit der Delegierten wünscht eine Kurskorrektur nach links: Die auf Einhaltung der EU-Regeln für Inflation und Haushaltsdefizit ausgelegte Wirtschaftspolitik hat zu viele Wähler verschreckt. Finanzminister Bjarne Corydon, der einen Konkurrenz- statt eines Sozialstaates anstrebt, erntete deshalb die erwartete Kritik. Mehr Beifall erhielt Thorning-Schmidt für die Ankündigung von Regierungsinitiativen, die die Berufsausbildung stärken und attraktiver machen sollen. Darüber hinaus soll die organisierte Kriminalität, insbesondere der Drogenmarkt, energischer bekämpft werden.

Gar zu harsche Kritik an der Parteiführung wurde wenige Wochen vor den Kommunalwahlen freilich vermieden. Den Anwesenden war klar, dass interner Streit die Partei noch weiter ins Tief der Meinungsumfragen ziehen würden. Trotzdem konnten sich einzelne Minister nicht zurückhalten, ihre Differenzen auszubreiten, was den Eindruck von einer desorientierten Regierung noch verstärkte.

Der Kongress stimmte mehrheitlich für eine Resolution, wonach Dänemark sich einer eventuellen Steuer auf finanzielle Transaktionen anschließt. Der Beschluss ist nicht bindend, er macht aber Bruchlinien zwischen Parteiführung und Basis deutlich.

Die Sozialdemokratie ist derzeit nur noch Dänemarks drittgrößte Partei. Überholt wurde sie von der rechtsnational-populistischen Dänischen Volkspartei. Dass viele ehemalige Wähler der Sozialdemokratie zu ihr gewechselt sind, tut weh, aber ein Rezept, um sie zurückzugewinnen, konnte niemand präsentieren. So beißt man die Zähne zusammen und hofft, dass die regierungsamtliche Strategie aufgeht, durch eine verbesserte Wirtschaftslage in zwei Jahren das Comeback zu sichern.

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