nd-aktuell.de / 02.10.2013 / Politik / Seite 8

Weckruf der Kommunen

Der Deutsche Städtebund sieht eine Kluft zwischen armen und reichen Gemeinden

Stefan Otto
Der Städte- und Gemeindetag ist ein gewichtiger Vertreter des Gemeinwesens: 3400 Kommunen haben sich ihm angeschlossen. Viele von ihnen sind verschuldet. Mit einem Forderungskatalog hat sich der Verband nun an die künftige Bundesregierung gewendet.

Die klammen Kommunen scheinen auf dem Weg der Besserung. Steuerliche Mehreinnahmen linderten die Not der Gemeinden, war kürzlich zu vernehmen. Doch trifft dies offenbar nicht auf alle Kommunen gleichermaßen zu: Vielerorts drohe unverändert eine finanzielle Schieflage, warnte der Deutsche Städte- und Gemeindetag am Dienstag. Die Schere zwischen boomenden Regionen und verschuldeten Städten sei unverändert weit geöffnet. Mit einem Katalog an Forderungen trat der Städtetag nun an die Öffentlichkeit und versteht diesen als Appell an die künftige Bundesregierung.

Die Städte und Gemeinden müssten dringend von den stetig steigenden Sozialausgaben entlastet werden. Dies treibe vor allem strukturschwache Kommunen und Städte in die Verschuldung, erklärte Ulrich Maly (SPD), Präsident des Städtetages und Nürnberger Oberbürgermeister. Konkret forderte er, dass die Kommunen von den Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen entlastet werden.

Mit Blick auf die Diskussion um höhere Steuern sagte Maly, diese seien keinesfalls ein Selbstzweck. Wohl aber ein »letztes Mittel«, um Leistungen zu finanzieren, die für die Gemeinschaft unverzichtbar seien. Welche Leistungen das seien, darum müsse »gerungen« werden. Dass die Kommunen an diesem Ringen teilhaben werden, daran ließ Maly keinen Zweifel.

Angesichts hoch verschuldeter Gemeinden, die es mittlerweile auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gebe, stellte der Städtetag die Frage nach einer gezielten Förderung dieser finanzschwachen Kommunen. Maly zeigte sich offen für eine Aufrechterhaltung des Solidarpakts nach seinem Auslaufen 2019. Künftig sollten Städte nach Bedarf gefördert werden, »ganz gleich, ob sie aus den alten oder neuen Ländern kommen«, hieß es. Der Städtetag will an der Grundidee eines Solidaritätszuschlages festhalten, um in ganz Deutschland gleiche Lebensbedingungen herzustellen.

Um dieses Ziel zu verwirklichen, bräuchten Ballungsräume mit einer wachsenden Bevölkerung und einem angespannten Wohnungsmarkt Anreize für den Wohnungsbau. Ebenso müsste das Wohngeld, das seit 2008 nicht mehr erhöht wurde, dringend angepasst werden. Der Städtetag geht in diesem Punkt auf die vielfachen Forderungen vor der Bundestagswahl nach bezahlbaren Mieten ein.

Der Kitaausbau spielt beim Kommunalverband dagegen keine übergeordnete Rolle mehr. Die befürchtete Klagewelle von Eltern, die keinen Platz für ihr Kind gefunden haben, ist bislang ausgeblieben. Aber der Streit um die Finanzierung des Krippenausbaus hat beim Städtetag Spuren hinterlassen. Die Städtetagsvizepräsidentin und Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) erinnerte daran, dass Bund, Länder und Kommunen beim Kitaausbau die Kosten zu je einem Drittel übernehmen sollten. Mehrere Länder hätten aber ihre Zusagen nicht eingehalten und den Kommunen einen höheren Anteil aufgebürdet. Angesichts dieser Erfahrung warnte Lohse eindringlich davor, einen derzeit diskutierten Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz zu verabschieden, bevor nicht geklärt sei, wer für die Kosten aufkomme.