Beim ewigen Herrgott

»Großtage des deutschen Rechts« titelten die »Leipziger Neuesten Nachrichten« am 30. September 1933 zum Auftakt des Deutschen Juristentages. Zum Rapport in die Messestadt befohlen hatte »Reichsrechtführer« Hans Frank. Gefolgt waren die Spitzen des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen und des Deutschen Anwaltvereins, in den sich die Juristen bereits im Mai 1933 hatten gleichschalten lassen. In brauner Uniform trat die engere Führung des Bundes zur feierlichen Eröffnung im Gewandhaus auf, wo sie der Oberbürgermeister - geschmückt mit Talar und den Amtsinsignien - begrüßte.

Die Themen in den Fachtagungen der Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger oder Referendare ließen die Richtung erkennen, in der in Zukunft »Rechtsprechung« zu marschieren hatte: Rasse und Recht; Volk, Staat und Recht; Bauernsiedlung und Erbhofrecht und (1933!) die Rechtslage in Österreich. Höhepunkt und krönender Abschluss der »bislang größten Juristenveranstaltung auf deutschem Boden« war am 3. Oktober eine Kundgebung, zu der 20 000 Juristen aus dem ganzen Reich nach Leipzig gekommen waren. Frank verkündete der von »Beamten fremder Rassen« und »Anhängern marxistischer Parteien« gesäuberten Juristenschar noch einmal die Marschrichtung. Sodann schworen die Aufmarschierten »beim ewigen Herrgott« und bei »der Seele des deutschen Volkes«, dass »wir unserem Führer auf dem Weg als deutsche Juristen folgen wollen bis an das Ende unserer Tage«.

Folgsam war der Großteil der Juristenschaft bereits vor diesem Leipziger Kniefall gewesen. Ohne erkennbaren Widerspruch war die »Verordnung über die Bildung von Sondergerichten« vom 21. März 1933 hingenommen worden. Darin war den Richtern aufgegeben, mit Angeklagten »kurzen Prozess« zu machen. Ebenso gefasst waren sie geblieben, als am 23.März Hitler vor dem Reichstag »Elastizität der Urteilsfindung zum Zweck der Erhaltung der Gesellschaft« gefordert hatte: »Landes- und Volksverrat sollen künftig mit barbarischer Rücksichtslosigkeit ausgebrannt werden.« Was dann ja auch geschah.