Am Mekong wird die Investitionsbremse gezogen

Laos schlittert trotz hoher Wachstumsraten in finanzielle Engpässe

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bauboom im südostasiatischen Laos könnte ein jähes Ende nehmen, wenn regierungsoffizielle Ankündigungen wahr werden.

Die Ansage war deutlich: Gestrichen wurden alle Neubauten von »unproduktiven« Vorhaben, gestoppt alle begonnenen, ausgesetzt alle Zahlungen für Projekte, bei denen Privatfirmen vorinvestieren. Das alles, um - wie die offiziöse »Vientiane Times« schrieb - eine Finanzkrise abzuwenden. Eine hausgemachte, wohlgemerkt.

Die Praxis, staatliche Infrastrukturprojekte wegen knapper Mittel von privaten Firmen vorfinanzieren zu lassen und das Geld später zurückzuzahlen, war schon wiederholt untersagt und doch munter fortgeführt worden. Einerseits verschuldet sich der Staat auf diese Weise rapide, andererseits ging bei den Projekten nicht alles mit rechten Dingen zu, da die vorgeschriebenen öffentlichen Ausschreibungen umgangen und überhöhte Preise an- und abgerechnet wurden. Eine weitere Praxis, nämlich mit staatlichen Ländereien zu bezahlen, kam nunmehr in die Kritik, da auch dabei der Staat stets übervorteilt wurde. Dass all das ohne Beteiligung hochrangiger Staatsvertreter nicht möglich ist, bleibt üblicherweise unerwähnt.

Ursache der angekündigten Rosskur sind aber nicht in erster Linie galoppierende Ausgaben, sondern die ungenügend sprudelnden Einkünfte. Zwar feiert Laos rasante Wachstumsraten von mehr als acht Prozent, doch die Haushaltseinnahmen waren einen Monat vor Ende des Fiskaljahrs bei gerade einmal 78 Prozent des Jahresplans angelangt. Die Ausgaben dagegen liegen über dem Plan. Da wurde das Geld in den Kassen so knapp, dass viele staatliche Angestellte schon zwei Monate vergebens auf ihr Gehalt warten. Grund genug für Finanzminister Phouphet Khamphounvong, in der »Vientiane Times« noch am 18. September zu versichern, dass Gehalts- und Unterstützungszahlungen an die Staatsdiener absolute Priorität haben. Sie waren gerade erst erheblich angehoben worden und machen mehr als die Hälfte der einheimischen Einkünfte des Etats aus. Auch die für das neue Haushaltsjahr angekündigten neuerlichen Gehaltssteigerungen von weiteren fast 40 Prozent blieben unerschüttert. Lieber nimmt die Staatsführung eine Zunahme der Neuverschuldung von zuletzt 2,5 auf mehr als 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts in Kauf.

Doch auch in Laos verkürzt sich die Halbwertzeit offizieller Versprechen. Keine Woche später ließ derselbe Minister wissen, dass die Gehaltserhöhungen in Kraft bleiben, doch die seit 2012 allen Staatsdienern einheitlich gezahlte Lebenshaltungszulage von umgerechnet 76 Euro pro Monat auf dem Prüfstand stehe. Betroffene ließen unter der Hand wissen: Die Zulage ist schon längst gestrichen. Abzuwarten bleibt, wie sich der verkündete harte Kurs in der Praxis anlässt und - wenn er denn konsequent verfolgt wird - wie er sich auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. »Alle Projekte, die nicht von der Nationalversammlung genehmigt wurden, und all jene, in denen die Regierung Privatfirmen Geld schuldet, dürfen nicht fortgesetzt werden«, zitiert die »Vientiane Times« Premier Thongsing Thammavong.

Auf der anderen Seite beschloss die Regierung eine neue Transportstrategie, deren Herzstück ein Eisenbahnprojekt von der chinesischen Grenze bis in die Hauptstadt Vientiane ist. Über 5,5 Milliarden Euro soll das Vorhaben kosten, fast doppelt so viel, wie das Land im Jahr aus Exporten erlöst. Immerhin wurde das Bahnprojekt schon im Vorjahr auf einer Sondersitzung des Parlaments durchgewinkt. Das Geld dafür soll von chinesischen Banken kommen, wie für die meisten großen Projekte im Land.

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