nd-aktuell.de / 05.10.2013 / Kultur / Seite 4

Weltenbummler

Ilija Trojanow besteht darauf, 
in die USA reisen zu dürfen.

Er lässt sich nicht einschüchtern. Unterwirft sich nicht der Anmaßung und Arroganz des Imperiums. Ilija Trojanow ist die Einreise in die USA verweigert worden. Er hat am Montag von Salvador de Bahia in Brasilen nach Denver fliegen wollen, um an einem Treffen von Germanisten teilzunehmen. Beim Einchecken wurde ihm mitgeteilt, dass er die Maschine nicht betreten dürfe. Eine Begründung gab es nicht. Es bedarf nicht viel Fantasie zu erahnen, was die Supermacht gegen den Schriftsteller aufgebracht hat.

Trojanow wagt es, die unerhörten Ausspähaktivitäten der NSA offen zu kritisieren. Und nicht nur deren illegales Tun. Vor vier Jahren veröffentlichte er mit Schriftstellerkollegin Juli Zeh das Buch »Angriff auf die Freiheit«, in dem Sicherheitswahn und Überwachungsstaat, der Abbau bürgerlicher Grundrechte und das Eindringen staatlicher Schnüffelnasen in die Privatsphäre auch der Bundesbürger kritisiert wurden. Der offensive Angriff auf die Demokratie ist kein US-amerikanisches Phänomen, sondern betrifft alle westlichen Länder. Deshalb auch hüllt sich die Kanzlerin in Schweigen hinsichtlich NSA. Auf eine von 70 000 Bundesbürgern unterzeichnete und ihr zugesandte Petition kam bislang keine Antwort aus dem Kanzleramt. Was Trojanow zu recht eine »undemokratische Grobheit« nennt.

Der Autor des preisgekrönten Bestsellers »Der Weltensammler« wird einen neuen Anlauf nehmen, selbst wenn es für einen Auftritt beim Germanistenkongress zu spät sein dürfte. »Ich werde ein Visum beantragen«, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Der 1965 in Sofia geborene »Weltenbummler« und Welterklärer, der in Nairobi sein Abitur gemacht und in München Jura und Ethnologie studiert hat, ist um eine Erkenntnis reicher. Es gebe inzwischen eine »typische Form der repressiven Dienstleistung«: eine brasilianische Firma, die für eine US-Airline arbeite, die wiederum im Sinne der US-Behörden agiere. Zur Buchmesse übrigens erscheint aus seiner Feder ein neues Essay: »Der überflüssige Mensch«. Hierin klagt er die Ausgrenzung von Millionen Menschen weltweit durch das nur auf Profit fixierte System an. Karlen Vesper