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Staat verunsichert Staatsorchester
Frankfurts Oberbürgermeister Patzelt (CDU) erwägt erhebliche Kürzungen und verspürt Gegenwind
»Gelinde gesagt verwundert« zeigt sich Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) über Äußerungen von Kulturministerin Johanna Wanka (ebenfalls CDU). Diese hatte ihn in einem Interview für den Plan kritisiert, beim Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (BSOF) 1,1 Millionen Euro pro Jahr zu kürzen.
Entsprechende Überlegungen lösten in den vergangenen Tagen und Wochen Entrüstung aus. Davon zeugen nicht zuletzt Leserbriefe und Anrufe bei der »Märkischen Oderzeitung«. BSOF-Intendant Christoph Caesar registrierte eine Welle der Solidarität. Die örtlichen Landtagsabgeordneten halten allesamt zum Orchester und der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Große Boymann sowieso, denn er ist Solo-Kontrabassist in dem Klangkörper.
Es geht die Furcht um, dass von 84 Musikern nur 20 bleiben dürfen. In diesem Zusammenhang redet man allenthalben vom Heilbronner Modell. Heilbronn ist Partnerstadt von Frankfurt (Oder). Das dortige Sinfonieorchester holt sich für große Konzerte Verstärkung von der Württembergischen Philharmonie Reutlingen. Eine denkbare Variante für ein abgeschmolzenes Staatsorchester? Beim BSOF glaubt man das nicht. Die Heilbronner Sinfoniker seien Lehrer der städtischen Musikschule, die sich vier- bis fünfmal im Jahr zu Konzerten zusammenfinden. Von einem solchen »semiprofessionellen Klangkörper« seien »keine großen Töne« zu erwarten.
Davon abgesehen errechnete Intendant Caesar, dass man durch Entlassungen bis 2012 effektiv nur 220 000 Euro pro Jahr sparen würde - denn man müsste einiges an Abfindungen zahlen. Überhaupt sind Kündigungen Caesar zufolge frühestens Ende 2009 möglich. Bis dahin wirke ein Haustarifvertrag nach, der den Rausschmiss ausschließt. Seine Truppe sei ein kultureller Faktor für die Stadt, erzählt der Intendant. »Wenn man das abschneidet, sacken wir in die Bedeutungslosigkeit.«
Das Staatsorchester dürfe keine Nachtkapelle werden, warnt die Landtagsabgeordnete Kerstin Meier (Linkspartei). Dabei räumt sie ein: »Dass Frankfurt bei der Kultur sparen muss, ist unbestritten.« In diesem einen Punkt ist sie sich mit dem Oberbürgermeister einig. Der verweist nämlich darauf, dass die Stadt nur bei Kultur und Sport streichen könne, alles andere seien schließlich Pflichtaufgaben. Und streichen müsse die Stadt, das verlange das Innenministerium. Sonst werde der Frankfurter Haushalt nicht genehmigt.
Von nur noch 20 Planstellen habe er nie gesprochen, verteidigt sich Patzelt. Die Zahl 50 habe er im Juni mal vorsichtig angedeutet. Noch ist nichts entschieden. Es könne und dürfe aber nicht verboten sein, mal darüber nachzudenken, was passiert, wenn die Zuschüsse reduziert werden, meint der Rathauschef. Alle Beteiligten sollen gemeinsam überlegen. Das Orchester soll nicht an Ausstrahlung verlieren. Wenn herauskomme, dies gehe mit Kürzungen nicht, dann würde er seinen Vorschlag zurückziehen, versichert Patzelt.
Gespart wird ohnehin. Auf 5,2 Prozent ihres Lohns verzichten die Musiker ab 2008. Dafür arbeiten sie nicht weniger - der Intendant möchte die Einnahmen erhöhen. Derzeit werden rund 600 000 Euro pro Jahr eingespielt. Frankfurt (Oder) gibt 2,3 Millionen Euro, das Po...
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