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Paris weist Amazon in die Schranken

Frankreichs Parlament stimmte geschlossen gegen Buchpreisdumping bei Internethändlern

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankreichs Buchläden leiden unter einer schweren Krise. Um sie gegen ihren Online-Konkurrenten Amazon zu schützen, verbot das Pariser Parlament jetzt diverse Rabatte.

Dass die Abgeordneten der rechten und der linken Parteien der Nationalversammlung einstimmig für einen Gesetzentwurf votieren, ist extrem selten. Ende vergangener Woche ist dies jedoch geschehen. Anlass war das Schicksal des Buchhandels. Der Abgeordnete Christian Kert von der rechten UMP hatte vorgeschlagen, den Internethändlern zu verbieten, sowohl den fünfprozentigen Preisnachlass zu gewähren, den das Gesetz über den festen Ladenpreis für Bücher zulässt, als auch portofrei zu liefern.

Diese Kombination von zwei Nachlässen widerspreche dem Geist des nach dem einstigen sozialistischen Kulturminister Jack Lang benannten Gesetzes, urteilten die Abgeordneten. Denn es verschaffe dem Internethandel einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Buchhandlungen. Die Abgeordneten waren sich einig, dass es darum geht, wie Christian Kert in der Begründung seines Antrages erklärte, »das in der Welt einmalige Netz der unabhängigen Buchhandlungen, das zu den nationalen Kulturschätzen gehört, gegen den unlauteren Wettbewerb durch Großunternehmen wie Amazon zu verteidigen«.

Der US-amerikanische Versandgigant bedauerte umgehend das Votum und erklärte, es gehe »zu Lasten der Kaufkraft der Franzosen«, während die Auswirkungen auf den Umsatz von Amazon in Frankreich »geringfügig« sein dürften. »Das Gesetz geht in die richtige Richtung«, schätzt jedoch der Vorsitzende des Buchhändlerverbandes SLF, Guillaume Husson, ein. Damit werde nämlich dem unlauterem Wettbewerb ein Riegel vorgeschoben.

Doch Amazon spielt auch weiterhin in Frankreich mit gezinkten Karten. Denn da sein Firmensitz offiziell im Steuerparadies Luxemburg liegt, zahlt das Großunternehmen in Frankreich keine Unternehmenssteuern für seinen Riesenumsatz, sondern nur für die vergleichsweise geringfügigen Logistikoperationen.

Damit ist Amazon weiterhin im Vorteil beispielsweise gegenüber dem Internethandel der Kulturkaufhauskette FNAC. Die hatte das Land in den 1960er und 70er Jahren mit einer Kette großer Filialen überzogen, was zur Folge hatte, dass nach und nach alle Schallplattenläden und auch viele Buchhandlungen schließen mussten.

Doch inzwischen ist FNAC selbst ein Opfer von Marktverschiebungen geworden, so dass bereits zahlreiche Filialen schließen mussten und die restlichen wegen des zurückgegangenen Umsatzes mit Medienträgern jetzt auch mit Waschmaschinen und anderen Haushaltsgeräten handeln. Virgin, die andere große Kulturkaufhauskette mit 26 Filialen, hat vor einigen Monaten Konkurs angemeldet und seine rund 1000 Mitarbeiter entlassen. Auch die Buchhandelskette Chapitre, die dem amerikanischen Finanzfonds Najafi gehört, trennt sich in diesen Monaten von seinen 57 Buchläden mit insgesamt 1200 Mitarbeitern.

Mehr als 3000 unabhängige Buchhandlungen gibt es heute noch in Frankreich, doch hinter dieser stolzen Zahl verbergen sich überwiegend Schreibwarenläden, die nebenbei auch Bücher verkaufen. Nur 1000 sind noch richtige Buchhandlungen. Der Grund liegt nicht bei den Personalkosten, denn Buchhändler verdienen selten mehr als den gesetzlichen Mindestlohn, sondern bei den oft exorbitanten Ladenmieten.

Die kleineren Buchhandlungen führen zumeist nur Aktuelles aus der Masse der 1,2 Millionen lieferbaren Buchtitel und können sich nur selten ein gutsortiertes Lager älterer Ausgaben leisten. Hier kann Amazon seine Vorzüge ausspielen, denn in seinen Lagerhallen werden 800 000 Buchtitel vorrätig gehalten und können so kurzfristig geliefert werden.

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