Wahlwiederholung auf den Malediven

Richter annullierten Septemberabstimmung

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Ohne offizielle Begründung teilte der Höchste Gerichtshof der Malediven am späten Montag mit, dass die Präsidentschaftswahl vom 7. September annulliert wird. Als Termin für eine Wiederholung wurde der 20. Oktober angesetzt.

Der Präsidentschaftskandidat der Maledivischen Demokratischen Partei, Mohammed Nasheed, hatte am 7. September mit 45.45 Prozent zwar die meisten Stimmen bekommen. Doch reichte ihm das nicht zum Sieg, denn laut Gesetz kann Präsident nur werden, wer mindestens die Hälfte der Stimmen erhält. Auf Rang zwei landete mit 25 Prozent Abdulla Yaameen von der Progressiven Partei der Malediven. Die Partei »gehört« dem Gayoom-Clan, der das südasiatische Inselarchipel 30 Jahre lang bis 2008 autoritär regierte. Die rund 340 000 muslimischen Insulaner bewohnen 220 der 1196 Eilande. 87 Inseln sind dem Tourismus vorbehalten.

Die eigentlich fällige Stichwahl zwischen Nasheed und Yaameen wurde hinausgeschoben, weil der mit 24 Prozent drittplatzierte Qasim Ibrahim (Jumhuri Party) Beschwerde wegen angeblichen Wahlbetrugs erhoben hatte. Seine Partei forderte deshalb sogar den Rücktritt des Chefs der Wahlkommission. Dagegen hatten über 100 Beobachter, darunter die einheimische Nichtregierungsorganisation Transparency Maldives, Teams der EU, des Commonwealth, aus den USA und aus Indien die Wahlen einmütig als frei und fair bezeichnet.

Vier der sieben Richter des Höchsten Gerichts stimmten nun für die Annullierung des ersten Wahlgangs. Dahingegen sahen drei, darunter Chefrichter Ahmed Faiz Hussein, keine gesetzliche Grundlage dafür, den Wahlakt vom September für null und nichtig zu erklären. Einer der Richter erklärte, die Annullierung beruhe auf einem vertraulichen Polizeibericht. Demnach hätten 5623 nicht wahlberechtigte Bürger abgestimmt, darunter Minderjährige, einige Verstorbene und andere mit gefälschten Personalpapieren.

Die indische Zeitung »The Hindu« berichtete am Dienstag, die Jumhuri Party habe »Augenzeugen« aufmarschieren lassen, die über »Korruption und andere gesetzwidrige Handlungen« aussagten. Die Identität dieser Personen und der Ort, wo sie ihre Beobachtungen gemacht hatten, wurden nicht preisgegeben.

Der maledivischen Opposition, vornehmlich der starken Demokratischen Partei, erscheint das Gerichtsurteil mysteriös. Unverkennbar trägt es politische Akzente. Denn Mohammed Nasheed war 2008 bei den ersten freien Wahlen an die Macht gekommen und hatte sich gegen den Clan des Langzeitherrschers Maumoon Abdul Gayooms durchgesetzt. Im Februar 2012 wurde Nasheed jedoch durch eine undurchsichtige Polizeirevolte zum Rücktritt gezwungen. Vor einem anschließenden Gerichtsverfahren hatte der 46-Jährige zeitweilig Unterschlupf in der indischen Botschaft in Male gefunden, was zu diplomatischen Spannungen zwischen beiden Staaten führte.

Nasheeds Kontrahenten stammen aus Gayooms Lager: Abdulla Yaameen ist sein Halbbruder und Qasim Ibrahim, der als »Hai« in der Tourismusindustrie und in den Medien gilt, agierte unter Gayoom als Finanzminister. Der gegenwärtig amtierende Präsident Mohammed Waheed Hassan sympathisiert offen mit Yaameen.

Die Anhänger Nasheeds, der also am 20. Oktober noch einmal gegen diese Front antreten wird, äußerten in ersten Reaktionen Optimismus. Sie glauben nicht, dass es zu einer Stichwahl, die die Richter für den 3. November in Aussicht stellten, kommen wird. Teilnehmer eines Auflaufs in Male sagten, das Ergebnis vom 7. September zeige, dass ihr Mann gegenwärtig der populärste Politiker im Land ist: »Jetzt wird es keine zweite Runde geben. Das Ergebnis wird eindeutig ausfallen.«

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