nd-aktuell.de / 16.10.2013 / Ratgeber / Seite 27

Nachfrage groß, Angebot unübersichtlich

Klimafreundlich Geldanlagen

Erfreuliche Neuigkeiten für grün-linke Geldanleger: Die sozialistische Regierung in Frankreich hat ein Gesetz zur Förderung »Sozialer und Solidarischer Ökonomie« auf den Weg gebracht. Ähnliche Ideen fanden sich in den Bundestagswahlprogrammen der Grünen sowie der Linkspartei. Auch aus Brüssel kommt Erfreuliches: In den neuen EU-Regionalfonds sind ab 2014 sozial-solidarische Ökonomie-Projekte förderfähig. Und noch eine handfeste Erfolgsmeldung: Energiegenossenschaften sind im Kommen.

Trotz aller Bemühungen der bis September agierenden schwarz-gelben Bundesregierung, die Energiewende zu chaotisieren und in die Hände der Konzerne zu legen, boomen die Genossenschaften. Laut einer aktuellen Umfrage ist die Zahl der Unternehmen um 150 auf über 650 gewachsen und die Zahl der Genossinnen und Genossen auf rund 150 000 gestiegen.

So weit, so gut, werden Sie denken, aber was hat dieser bunte Strauß aus vermeintlichen Erfolgsmeldungen nun mit dem Sparen in Deutschland zu tun? Nun, ein Ausbau der sozial-ökologisch ausgerichteten Wirtschaft schafft für Sparer neuen Möglichkeiten, nachhaltig und klimafreundlich Geld anzulegen.

Klimafreundliche Geldanlagen können einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Dafür müssen die Anbieter solcher Geldanlagen beispielsweise in Unternehmen investieren, die verantwortungsvoll mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen oder »saubere« Produkte herstellen.

Das Interesse der Verbraucher ist inzwischen beträchtlich: Fast jeder Zweite (44 Prozent) kann sich vorstellen, klimafreundliche Kriterien bei zukünftigen Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. Das ergab eine von der Verbraucherzentrale NRW in Auftrag gegebene Umfrage.

Keine einheitlichen Standards

Bislang ist der Anteil klimafreundlicher Geldanlagen mit einem Anteil von etwa einem Prozent am gesamten Finanzmarkt allerdings sehr klein. Deshalb haben erst wenige Verbraucher ihr Geld schon einmal bewusst klimafreundlich angelegt. Gerade mal jeder Zwanzigste der befragten Personen hat auf diesem Feld bereits echte Erfahrungen gesammelt.

Noch immer fehlen einheitliche Standards, was genau unter einer klimafreundlichen Geldanlagen zu verstehen ist. Jeder Anbieter legt dies nach eigenem Ermessen fest. So kann es passieren, dass auch Unternehmen aus klimafeindlichen Branchen in einem als »grün« oder »nachhaltig« bezeichneten Finanzprodukt auftauchen. Wer sein Erspartes bewusst anlegen möchte, muss sich deshalb intensiv mit den Anlagekriterien der Banken, Fonds und anderer Anbieter auseinandersetzen. Andernfalls laufen Sie Gefahr, in Branchen und Unternehmen zu »investieren«, welche eigentlich gemieden werden sollten!

Gütesiegel als nützliche Hilfe

Hier sind Politik und Akteure gefordert. Um Verbrauchern Hilfestellung zu geben und sie vor Fehlinvestitionen zu schützen, sind verständliche und standardisierte Informationen über die Klimafreundlichkeit eines Produktes notwendig. Für die meisten Befragten wäre ein Gütesiegel eine nützliche Hilfe. Dazu müsste in klarer Form definiert werden, was unter einer klimafreundlichen Geldanlage zu verstehen ist.

Wie sich ein Gütesiegel in der Praxis umsetzen ließe, ist jedoch seit Jahrzehnten in der Szene umstritten. Bereits in den 1990er Jahren hatte ich selber auf diesen Mangel in meinem Buch »Grüne Anlagen« hingewiesen. Diese Mahnung blieb wie andere auch folgenlos. Mit dem Ergebnis, dass die alternative Geldanlage bis heute vor sich hin dümpelt.

● nd-Tipp: Wer sein Erspartes klimafreundlich anlegen möchte, kann sich zunächst an ein auf Nachhaltigkeit spezialisiertes Kreditinstitut wenden. Diese legen bei ihren Kredit- und Einlagengeschäften ganz bestimmte soziale und ökologische Anlagekriterien zugrunde. Verbraucher können sich bei diesen Kreditinstituten detaillierte Informationen über Nachhaltigkeitsansätze und Produkte holen.

Ein Dutzend Banken aktiv

Bundesweit sind mehr als ein Dutzend Banken aktiv, die ihre Geschäfte mit einem ökologischen, sozialen oder ethischen Anspruch verknüpfen:

Da ist der Oldie unter den Alternativen, die GLS-Bank. Sie hat anthroposophische Wurzeln, übernahm aber 2003 die legendäre Ökobank und rettete damit ein linkes Vorzeigeprojekt vor dem vollständigen Zusammenbruch. Da sind auch die eher kommerzielle Umweltbank, die ostdeutsche Ethikbank, ein Direktbank-Ableger der Volksbank Eisenberg, und die meist größeren Kirchenbanken. Diese wenden sich überwiegend an Christen einer bestimmten Konfession. Seit 2009 ist die niederländische Triodos Bank hierzulande aktiv.

Bei konventionellen Banken und Sparkassen besteht Nachholbedarf. Eine Beratung zu klimafreundlichen Finanzdienstleistungen findet in aller Regel nur auf konkrete Nachfrage statt. Das Angebot an speziellen klimafreundlichen Anlagealternativen ist oft auf einzelne Produkte oder Produktklassen beschränkt oder gar nicht vorhanden.

Auf den Hintergrund achten

Vor allem »grüne« Aktienfonds werden angeboten. Deren Anlagekriterien gelten jedoch oft als weich und erlauben beispielsweise in bestimmen Umfang Alkohol, Atomkraft oder Rüstungsgeschäfte. Oder ein Großteil des eingezahlten Geldes wird in Bargeld (»Liquidität«) geparkt. Außerdem stoßen gerade Aktien, die vielen als Inbegriff des modernen Kapitalismus gelten, auf grundlegende Kritik. Dagegen können grün-linke Geldanleger selbst mit »kleinem« Ersparten beispielsweise bei der GLS-Bank ganz konkrete Projekte von Menschen unterstützen, die in den Bereichen Wohnen, Bildung oder Gesundheit arbeiten. Hermannus Pfeiffer