nd-aktuell.de / 17.10.2013 / Politik / Seite 1

Frontex an illegaler Gewalt gegen Flüchtlinge beteiligt

So genannte Push Backs im Mittelmeerraum: EU-Agentur gibt »fünf bis zehn Fälle im Jahr« zu / Europarechtler sieht klaren Gesetzesverstoß

Berlin. Die europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union war in den vergangenen Jahren regelmäßig an illegalen Aktionen gegen Flüchtlinge im Mittelmeer beteiligt. Wie das ARD-Magazin Monitor berichtet[1], hat der Leiter von Frontex, Ilkka Laitinen, eingestanden, dass Frontex-Mitarbeiter an so genannten Push-Backs beteiligt gewesen waren. Diese Praxis, nach der Flüchtlinge auch unter Einsatz von Gewalt, wieder in Drittstaaten zurückgebracht werden, war 2012 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als menschenrechtswidrig beurteilt worden. Im gleichen Jahr hatte der Europäische Gerichtshof die Einsatzvorschrift für diese Praxis für nichtig erklärt.

Trotzdem kam es nach Recherchen des ARD-Magazin auch danach zu wiederholten Abdrängungen von Flüchtlingen. Frontex-Chef Laitinen sagte: »Für uns sind diese Push-Back Aktionen nicht akzeptabel«, trotzdem kämen sie »bedauerlicherweise« weiter vor. »Unsere Statistiken weisen fünf bis zehn Fälle im Jahr auf, in denen wir einem solchen Verdacht nachgehen müssen.« Auf die Dokumentation von Abschiebeaktionen unter Beteiligung von Frontex-Mitarbeitern aus dem Jahr 2012 angesprochen, sagt der Chef der Grenzsicherungsagentur gegenüber Monitor »Ich kann nicht bestreiten, dass es diese Fälle gegeben hat.«

Der Europa- und Völkerrechtler Andreas Zimmermann sieht in dieser Praxis einen klaren Verstoß gegen EU-Recht: »Die Frontex-Richtlinie sieht eine Rückführung der Flüchtlinge vor, ohne dass es zu einer individuellen Prüfung kommt, ob einem Flüchtling im Abschiebeland Folter droht oder nicht«, sagt Zimmermann gegenüber Monitor. »Deshalb verstößt die Richtlinie gegen die europäische Menschenrechtskonvention und ist daher auch rechtswidrig.«

Frontex soll die Außengrenzen des Schengen-Raums sichern und hat dabei auch die Aufgabe, Aktionen der jeweils nationalen Grenzpolizeien zu unterstützen und zu koordinieren. Auch Beamte der deutschen Bundespolizei sind an Frontex-Aktionen beteiligt. Die EU-Agentur ist immer wieder in die Kritik geraten, da ihre Arbeit der Abwehr von Flüchtlingen dient. nd

Links:

  1. http://www.presseportal.de/pm/6694/2577726/monitor-eu-agentur-frontex-gibt-menschenrechtsverletzungen-an-eu-aussengrenzen-zu-frontex-chef