Sachsens Förster testen Esskastanien

  • Lars Müller, Miltitz
  • Lesedauer: 3 Min.
Bisher kennt man Esskastanien hauptsächlich aus südlichen Ländern. Sächsische Förster wollen jetzt jedoch erkunden, was für die heimischen Wälder in ihnen steckt.

Regentropfen prasseln auf Martin Förster nieder. Hin und wieder fallen Esskastanien in ihren stacheligen Schalen von den mächtigen Bäumen, zwischen denen Nebelschwaden hängen. Der Gärtner des Staatsbetriebes Sachsenforst sammelt an diesem nasskalten Herbstmorgen im Hain von Miltitz bei Meißen die Edelkastanien ein, um sie als Saatgut zu verwenden. »Es sieht gut aus, 50 Kilogramm dürften es werden«, sagt der Forstmann und zeigt auf die vielen kleinen Früchte auf dem Boden. 250 bis 350 der Kastanien ergeben ein Kilo. Eine stundenlange Auflesearbeit steht dem Gärtner für diese erste Saatgut-ernte im Miltitzer Bestand bevor.

Aus dem Saatgut zieht Sachsenforst in Graupa bei Dresden Sämlinge an, 50 bis 70 Kastanien werden dazu pro Meter in fruchtbare Erde gelegt. 4000 Jungpflanzen stehen bereits in der Baumschule Graupa. Sie stammen aus Samen, die im vergangenen Jahr in Rossendorf bei Dresden gesammelt wurden. Treibhauspflanzen sind bereits mehr als einen Meter hoch, die im Freiland gezogenen Exemplare erreichen immerhin 50 bis 80 Zentimeter.

Erste Interessenten für die Lieferanten von Maronen gibt es auch schon: Etwa 3000 Bäumchen haben verschiedene Forstbezirke bestellt, um sie an Waldränder und Waldwege zu pflanzen. 1000 Stück bekommt die Stadt Dresden zur Ergänzung ihres Esskastanienbestandes.

Im sächsischen Staatsforst werden die Esskastanien in Gruppen gesetzt und ergänzen Eichenbestände, sagt der Experte des Staatsbetriebes, Lutz Weinbrecht. Mit zunehmender Erwärmung des Klimas könnten die Esskastanien neben der Baumhasel als neue Nutzholzbäume an Bedeutung gewinnen. »Wir befinden uns aber noch in der Experimentierphase«, betont Weinbrecht.

Deshalb empfehle der Staatsbetrieb, die Edelkastanien als Mischbaumart auf geringer Fläche anzubauen, ergänzt Sachsenforst-Sprecher Daniel Thomann. Man kenne die »waldbaulichen Eigenschaften« der Art hierzulande noch zu wenig. Außerdem könnten zu viele Bestände das Auftreten der Baumkrankheit Kastanienrindenkrebs fördern. Ein Aufforstungsprogramm mit Esskastanien sei in Sachsen nicht geplant.

Die Edelkastanien kommen üblicherweise in milderen Weingegenden vor. Ihr Holz sei hochwertig und mit dem der Eiche vergleichbar, hieß es von Sachsenforst. Wegen der natürlichen Imprägnierung werde das Holz häufig für Bauten im Freien verwendet, so in Weinbergen oder beim Lawinenschutz. Allerdings lässt sich das Holz schwer durch Nägel und Schrauben verbinden, da es sich leicht spaltet.

Größere Bestände von Edelkastanien sind im Freistaat bei Freital, Rossendorf und Miltitz bekannt. Zudem stehen einzelne, teils prachtvolle Exemplare in Parks und Villengärten entlang des Elbtals zwischen Pirna und Riesa, wo sie klassische Kulturbegleiter des Weinbaus sind. Eingeführt wurde die Baumart nach Angaben von Sachsenforst vermutlich schon im 16. Jahrhundert.

Der Hain in Miltitz bei Meißen mit seinen rund 80 Bäumen geht vermutlich auf das Jahr 1550 zurück. Inzwischen sei das Wäldchen bei Miltitz aber fast vergessen, beklagt Dorfchronist Heinz Ulbrich. Nur Einheimische kämen noch zum Kastanienlesen. Tausende der schmackhaften Früchte blieben alljährlich liegen. dpa/nd

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