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Merkel-Gate

Blogwoche

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bundestagswahlen liegen vier Wochen zurück. Das Ergebnis der Wahlen war für die Demoskopen und für viele Medienvertreter, die auf die Aussagekraft der Umfragen vertrauten, einigermaßen überraschend - fast hätte die Union allen Vorwahlumfragen zum Trotz die absolute Mehrheit gewonnen. Doch die sogenannten Leitmedien (allen voran die Sender ARD und ZDF) bereuen nichts.

Die Ergebnisse der »Sonntagsfrage« werden weiterhin wie ein tatsächliches Abstimmungsergebnis verkündet. Und so erfahren wir im Wochentakt etwa durch das »Politbarometer« von Theo Koll, dass Neuwahlen auch kein anderes Wahlergebnis als jenes vom 22. September hervorbrächten. Theo Koll gehört zu jenem Typus von Journalist, die seine Kollegin Antje Schrupp in ihrem Weblog antjeschrupp.com beschreibt, sie würden sich selbst als »Superwichtigwichtig« (in Versalien!) einschätzen. Journalisten übermitteln keine Informationen, sie machen sie, lässt sich der Tenor ihres Textes (»Information und Wissen«) umschreiben. Die Bedeutung von Medienjournalismus liege überhaupt nicht darin, Informationen zugänglich zu machen, sondern vielmehr darin, Informationen in Wissen zu verwandeln, meint Schrupp mit Bezug auf den US-Politologen Henry Farrell. »Welche von den vielen vorhandenen Informationen wichtig sind, das entscheiden die Medien. Sie sagen uns, was wir wissen müssen (weil man darüber eben spricht), und was wir getrost ignorieren dürfen.«

Leider habe Farrell mit seiner Einschätzung recht, meint Schrupp. »Allerdings: Schön ist das nicht. Wenn ich hier im Blog öfter von ›Mainstream‹-Medien spreche, dann meine ich genau das: Dass es eine, vielleicht sogar inzwischen tatsächlich die einzige Funktion großer Medien ist, durch die Art und Weise ihrer Berichterstattung darüber zu entscheiden, was als relevant zu gelten hat und was nicht. Auf diese Weise haben die Medien und die darin einflussreichen Journalist_innen eine sehr große politische Macht. (...) Gesellschaftlich nützlich sind sie dann leider nicht mehr. Sondern im Gegenteil: schädlich.«

Dass Journalisten auch anders können, bewiesen die Kollegen vom »Spiegel«, die in dieser Woche öffentlich machten, dass US-Geheimdienste möglicherweise das Handy der Bundeskanzlerin abgehört haben. Angela Merkel reagierte empört und auf einmal war der sogenannten NSA-Skandal wieder ein Thema für die Bundesregierung, die vorher die Affäre um das Überwachen des E-Mail-Verkehrs auch in Deutschland durch den Geheimdienst NSA für beendet erklärt hatte.

Richard Gutjahr, Journalist und Kommunikationswissenschaftler, hat einen Tag vor der Veröffentlichung von »Merkel-Gate« den scheidenden Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar, für seinen Seite gutjahr.biz interviewt. Auf die Frage, ob das Bundesinnenministerium inzwischen auf alle Fragen Schaars zum NSA-Skandal umfassend geantwortet habe, gibt dieser eine bedeutungsschwangere Antwort. »Auf alle Fragen nicht, auf einige Fragen schon. Wir sind noch dabei, das auszuwerten. Inwieweit die Antworten ausreichen, werden wir sehen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass da noch eine Nachbesserung erforderlich ist.«

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