Entlassen, ausgetrickst, verhöhnt

Honda bekämpft in Mexiko die Koalitionsfreiheit

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
In Mexiko lässt Honda Autos montieren - unter wenig attraktiven Bedingungen. Fast alle Arbeiter einer unabhängigen Gewerkschaft, die im Frühjahr in den Ausstand ging, wurden entlassen.

»Keiner der Stuhm-Verantwortlichen stehen im Honda-Werk von El Salto noch am Band. Sie wurden alle entlassen, oft unter fragwürdigen Vorwänden«, kritisiert Jesús Torres Nuño. Der Gewerkschafter ist einer der leitenden Manager im Reifenwerk von El Salto, das nur ein paar Kilometer entfernt von der Honda-Fabrikhalle in Mexikos wichtiger Industriemetropole Guadalajara liegt, und hat den Arbeitern, die eine unabhängige Gewerkschaft in dem Werk aufbauen wollten mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Genützt hat es letztlich nicht, denn es ist alles andere als einfach eine unabhängige Gewerkschaft in einem Unternehmen in Mexiko aufzubauen. »Das Problem ist«, so der Gewerkschaftsspezialist Enrique Gómez von der sozialistischen Arbeiterpartei (POS), »dass es in vielen Betrieben Gewerkschaften gibt, die direkt mit dem Unternehmen kooperieren«. »Sindicato Chatarro«, Schrottgewerkschaft, werden die in Mexiko gern genannt und im Hondawerk half diese Werksgewerkschaft dabei die Gewerkschaft der vereinigten Honda-Arbeiter Mexikos, kurz Stuhm, auszubremsen. »Wenn Du bei Honda anfängst, musst Du ein Dokument unterschreiben, das Deinen Eintritt in eine Gewerkschaft regelt, die wiederum dem unternehmernahen Dachverband der Arbeiter Mexikos (CTM) angehört« schildern Raúl Pallares und der ehemalige Gewerkschaftssekretär José Luis Solorio das Prozedere.

Dagegen hatten sich einige der rund 2400 Arbeiter von Honda in El Salto bereits 2008 zusammengeschlossen. Davon hatte das Unternehmen jedoch Wind bekommen und die Arbeiter angefeindet und unverhohlen mit Konsequenzen gedroht. 2010 folgte der zweite, heimliche Anlauf und wieder bekam die Werksleitung Wind von dem Organisationsversuch. Drei Arbeiter, darunter Raúl Pallares wurden entlassen. Doch 44 weitere Arbeiter und Generalsekretär Solorio waren nun bereit den Gründungsprozess durchzuziehen. »Dazu verpflichteten sie einen Anwalt, um sich den Status als Betreibsgewerkschaft zu erstreiten«, so Enrique Gómez, der die Arbeiter um Solorio versuchte zu beraten. Die vertrauten allerdings ihrem in Gewerkschaftsdetails wenig bewanderten Juristen, der versuchte die neue Gewerkschaft bei Sekretariat für Arbeit, der zuständigen Behörde, zu registrieren. Dafür wurde die Liste mit den 45 Mitgliedern preisgegeben, die dann beim Unternehmen landete. So konnte sich das Unternehmen auf den Arbeitskonflikt mit der ungeliebten neuen Gewerkschaft vorbereiten. Die ging im April diesen Jahres in den Ausstand, um höhere Löhne durchzusetzen, denn Honda zahlt die niedrigsten in der gesamten mexikanischen Automobilindustrie, so Gewerkschaftssekretär Solorio. Der wähnte damals rund die Hälfte der Belegschaft hinter der neuen Gewerkschaft und hoffte auf ein Einlenken des Unternehmens.

Doch das Gegenteil war der Fall. Honda bot nur eine geringfügige Lohnerhöhung an und entließ die ersten der 44 organisierten Arbeiter. »Ziel war es die Köpfe der Gewerkschaft loszuwerden«, kritisiert José Luis Solorio im Nachhinein. Auch er selbst wurde entlassen und musste sich vor Gericht gegen eine Anzeige wegen Diebstahl verantworten. Ende August wurde er freigesprochen, doch die Registrierung der Gewerkschaft durch die Behörden wurde zwei Monate zuvor annulliert. Damit stehen die Anhänger der unabhängigen Gewerkschaft wieder am Anfang und wurden Opfer einer falschen Gründungsstrategie ihres Anwalts. »Die Arbeiter hätten sich erst organisieren sollen statt nur mit 45 Mitgliedern aufzuwarten«, kritisiert Gewerkschaftsspezialist Enrique Gómez. Diesen Fehler hat auch Generalsekretär Solorio mittlerweile eingeräumt. Er will nun auf internationale Ebene, über die Internationale Arbeitsorganisation, auf den Umgang Hondas mit unabhängigen Gewerkschaften aufmerksam machen. Ob es etwas nutzt wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

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