Judenhass unterm doppelköpfigen Adler

Der letzte Ritualmordprozess in Russland vor 100 Jahren. Von Karl-Heinz Gräfe

  • Karl-Heinz Gräfe
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Zwei Jahre und zwei Monate saß der Arbeiter einer Ziegelfabrik Menachem Mendel Bejlis in Untersuchungshaft, ehe der Prozess gegen ihn eröffnet wurde. Er wurde beschuldigt, den dreizehnjährigen Schüler der Geistlichen Sophienschule in Kiew Andrej Schuschtschinski mit 47 Messerstichen ermordet zu haben, um dessen Blut für die Zubereitung der Pessach-Matzen (Osterbrote) zu verwenden. Zu jener Zeit waren Ritualmordprozesse keine Seltenheit in Europa. 1878 gab es einen solchen im georgischen Kutaissi, 1890 im westpreußischen Konitz, 1891 in Xanten und auf Korfu, 1899/1900 in Böhmen, 1900 bis 1902 impolnisch-litauischen Wilna und 1903 im moldawischen Dubossari.

Doch was war tatsächlich in Kiew geschehen? Die ganze Wahrheit kam erst nach dem Sturz des Zarenregimes ans Tageslicht. Eine Diebesbande unter dem Kommando der Beamtenwitwe Vera Tscheberjak hatte am 12. März 1911 den Jungen Schuschtschinski ermordet. Seine Leiche wurde erst e...


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