nd-aktuell.de / 01.11.2013 / Kultur / Seite 4

Mitmischmaoist

PERSONALIE

Thomas Blum

Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass die Tratschgeschichten-Illustrierte »Der Spiegel« und die Publikationen des Axel-Springer-Verlags, des Zentralinstituts für Unterhosenspionage, austauschbar sind, was den Inhalt angeht, dann wäre er spätestens jetzt erbracht. In den Redaktionen geht’s zu wie beim Partnertausch: Nikolaus Blome, vormals stellvertretender »Bild«-Chef, wechselte kürzlich zum »Spiegel«. Und Matthias Matussek, der 15 Jahre für den »Spiegel« gearbeitet hat, geht zur Axel-Springer-Postille »Die Welt«. Dort werde er künftig als Kolumnist tätig sein, heißt es. Bleibt noch die Frage, wann Jan Fleischhauer zu Springer wechselt. Man kann ja nie genug von der Sorte haben.

Als langjähriger »Starreporter« und Leiter des Kulturressorts des »Spiegel« hatte Matussek Gelegenheit, sich ein, sagen wir: eigenwilliges Deutsch zuzulegen, das in seiner Redaktion kaum jemandem aufgefallen sein dürfte. Schließlich schreiben da alle so: »Es gibt immer zunehmend mehr Leute, die jetzt im eigenen Land Urlaub machen.«

»Die Welt« - für alle, die das nicht wissen - ist so etwas wie »Bild« für Abiturienten, das heißt: ohne Tittenbilder und mit weniger Ausrufezeichen. »Die Welt« dürfte für Matussek, die »Mitmischmaschine« (Gerhard Henschel), als Student Maoist und heute fanatischer Katholik, der ideale Arbeitsplatz sein. Er wird dort auf viele seines Schlages treffen. (Ins Matusseksche übersetzt: Er wird dort auf immer zunehmend mehr Leute seines Schlages treffen.) Es wimmelt da ja nur so von Ex-Maoisten, die sich irgendwann vom Maoismus ab- und ihrem Bankkonto zugewandt haben. Eine der größten Kränkungen, die ihm widerfahren könnten, dürfte auch künftig die sein, nicht zur Kenntnis genommen zu werden. »Ich bin so leidenschaftlich katholisch, wie ich vor vierzig Jahren Marxist war«, sagte er vor zwei Jahren der »Süddeutschen Zeitung«. Eine Leserin, so ist in der »taz« nachzulesen, soll ihm einmal ein T-Shirt mit der Aufschrift »Ich bin ein Arschloch« geschenkt haben. Ob er es auch einmal getragen hat, ist nicht bekannt.