Deutschland wegen Exportüberschuss in der Kritik

US-Finanzministerium rügt Berlin, Untersuchung in Brüssel

  • Lesedauer: 2 Min.

Washington/Berlin. Das US-Finanzministerium übt ungewöhnlich scharfe Kritik an den hohen Exportüberschüssen der Bundesrepublik. »Deutschlands kraftloses Tempo bei der Binnennachfrage und die Abhängigkeit von den Exporten haben das Ausbalancieren zu einer Zeit verhindert, in der viele andere Euroländer unter ernstem Druck standen, die Nachfrage zu drosseln und Importe zu kürzen«, schreibt das Ministerium in seinem am Mittwoch in Washington veröffentlichten Halbjahresbericht. Das Resultat seien »deflationäre Tendenzen für die Eurozone wie auch für die Weltwirtschaft«.

Den Angaben zufolge ist der Leistungsbilanzüberschuss der Bundesrepublik im ersten Halbjahr auf mehr als sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gestiegen. 2012 hatte Deutschland nach Berechnungen der Bundesbank um 185,5 Milliarden Euro mehr Waren und Dienstleistungen ausgeführt als importiert - ein neuer Rekord. Damit lag man sogar vor Exportweltmeister China. Nach Schätzungen des Münchner Ifo-In-stitutes dürfte sich der Leistungsbilanzüberschuss in diesem Jahr »auf die 200-Milliarden-Euro-Marke zubewegen«.

In Berlin kann man die Kritik nicht nachvollziehen. Die Überschüsse seien »Ausdruck der starken Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft«, verlautete aus dem Bundeswirtschaftsministerium. »Tragende Säule des Wachstums sind die binnenwirtschaftlichen Kräfte.« Dagegen kritisierte der Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst: »Merkels Kürzungs- und Lohndumpingpolitik ist nicht nur eine Bedrohung für den Zusammenhalt der Eurozone, sondern zunehmend eine Gefahr für den Welthandel.«

Auch die EU-Kommission sieht die Entwicklung besorgt. Die EU hat festgelegt, dass der Leistungsbilanzüberschuss im Durchschnitt von drei Jahren nicht über die Marke von sechs Prozent des BIP steigen darf. Brüssel hat darüber nun eine Untersuchung begonnen. nd/Agenturen

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