Kieler Piraten greifen in die Schatzkiste

Landtagsfraktion bietet Ministerium Darlehen an

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Piratenpartei in der Rolle des Sparkommissars - in Schleswig-Holstein sind das nicht nur Lippenbekenntnisse der parlamentarischen Freibeuter. Die Newcomer im Kieler Landtag haben ihre ersten 16 Monate dort so sparsam gestaltet, dass die Fraktion jetzt dem Landesfinanzministerium 200 000 Euro als zinsloses Darlehen anbieten konnte - etwa ein Drittel des Jahresbudgets der Fraktion.

Die Summe bleibt im Besitz der Partei, die das Geld aber bei keiner Bank parken möchte, sondern mit ihrer Offerte erklärtermaßen einen kleinen Beitrag zur Milderung der angespannten Haushaltslage leisten will. Schleswig-Holstein ächzt unter einer Schuldenlast von 27,3 Milliarden Euro. Jährlich muss das Land 900 Millionen Euro allein an Zinsen ausgeben. Die Nettokreditaufnahme liegt derzeit bei 66 Millionen Euro - Zahlen, bei denen es einem schon schwindelig werden sollte.

Den ungewöhnlichen Weg der Piraten hatte in der Vergangenheit bereits die grüne Fraktion eingeschlagen. Im Jahr 2011 parkte sie 100 000 Euro beim Land, im Vorjahr waren es 80 000 Euro. Das Finanzministerium Schleswig-Holsteins ist für solch unerwarteten Geldzugriff dankbar, spart es doch temporär Zinsen bei der Kapitalbeschaffung.

Die Einsparungen bei den Piraten haben auch damit zu tun, dass beim Aufbau des Parlamentsapparates für ihre sechs Abgeordneten erst nach und nach Personal in die Kieler Landtagsbüros eingezogen ist. Die Partei setzt sich grundsätzlich dafür ein, dass die allen Parlamentsfraktionen zufließenden Mittel gedrosselt werden sollten. Zuletzt klagten die Piraten vor dem Landesverfassungsgericht in Schleswig, weil nach ihrer Ansicht die Zulagen für die Parlamentarischen Geschäftsführer der Parteien eine unerlaubte Sondervergütung darstellen. Die obersten Landesrichter verwarfen diese Klage allerdings. Die Piraten stimmten außerdem gegen automatische Diätenerhöhungen für Parlamentarier.

Im Kieler Finanzministerium unter der grünen Ministerin Monika Heinold ist man nach der Aktion der Piratenfraktion offenbar nicht abgeneigt, künftig über zinslose Darlehen auch aus anderen Quellen reale Wertschöpfung für das Bundesland zu betreiben. »Wenn die Größenordnung solch einer Einlage in einem vertretbaren Verhältnis zum Verwaltungsaufwand steht, wäre das ein charmantes Angebot, das wir natürlich prüfen würden«, erklärte dazu Ministeriumssprecher Sebastian Schaffer.

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