Geschützte Freiheit auf den Meeren

Bislang nur wenige Urteile am UN-Seegerichtshof

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Internationale Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg, der 1996 seine Arbeit aufnahm, ist die einzige Einrichtung der Vereinten Nationen auf deutschem Boden. Gegründet wurde das unabhängige Gericht, um Streitigkeiten über das weltweite Seerechtsübereinkommen von 1982 zu regeln. Das nach einem Jahrzehnt zäher Verhandlungen geschlossene Abkommen regelt die Freiheit der Meere und das »gemeinsame Erbe der Menschheit«, das von den Fischgründen in der Ostsee über Erdölreviere vor Brasiliens Küste bis hin zu Seltenen Erden am Grund des Pazifiks reicht. Einer der wenigen Outlaws blieben die USA, die das Seerechtsübereinkommen nicht unterzeichnet haben.

21 von der UN-Vollversammlung gewählte Richter aus allen Kontinenten urteilen in dem großzügigen Amtsgebäude an der noblen Elbchaussee. Präsident ist der Japaner Shunji Yanai. Die Zahl der Fälle blieb bislang überschaubar: Kaum zwei Dutzend Entscheidungen wurden getroffen. Doch ISGH-Urteile haben wegweisende Bedeutung. So wurden 1999 im Fall »St. Vincent und die Grenadinen gegen Guinea« - dessen Behörden hatten ein Fischereiversorgungsschiff gekapert - Rechte und Pflichten in küstennahen Gebieten geklärt. Die Hoheitsgewässer reichen heute 12 Seemeilen (über 20 Kilometer) ins Meer hinaus; in seiner »Ausschließlichen Wirtschaftszone« kann der Anrainerstaat bis zu 200 Seemeilen (350 Kilometer) über natürliche Ressourcen, über Fischgründe und Bodenschätze verfügen.

2011 stellte der Seegerichtshof klar, dass für Umweltschäden beim Abbau von maritimen Rohstoffen die ausführenden Unternehmen haften - selbst wenn der Vertrag mit dem Anrainerstaat eine solche Haftung ausschließt. Das Urteil erging gegen den kanadischen Bergbaukonzern Nautilus Minerals, der vor der Pazifikküste von Nauru in 5000 Metern Wassertiefe Manganknollen abbauen will.

Für die Zukunft dürfte es angesichts neuer technischer Möglichkeiten mehr Streitfälle geben. Nicht allein China und Japan zoffen sich um unbewohnte Mini-Inseln, vor deren Küsten reiche Bodenschätze vermutet werden: Etwa 100 solcher territorialer Streitigkeiten köcheln weltweit. Und nach welchem Schlüssel sollen Gewinne aus der Förderung von Rohstoffen außerhalb der staatlichen Wirtschaftszone verteilt werden, die als »gemeinsames Erbe der Menschheit« allen Staaten gehören? Noch finden in den Ozeanen lediglich Probeerkundungen statt, aber für die Zukunft könnte der Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten am Seegerichtshof eine entscheidende Rolle zufallen.

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