Sommerhit, ade ...

Ohrwurmstudien wichtig für die Therapie des Zwangs

  • Manuela Käselau
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn er auch gelegentlich ganz unterhaltsam ist: Ein Ohrwurm kann sehr belastend sein. Man untersucht ihn, um Zwangshandlungen besser verstehen zu können.

Wer kennt das nicht: Schon lange hat man das Radio ausgeschaltet, doch der Sommerhit hat sich ins Gehirn gebrannt und fristet dort nun in Gestalt eines Ohrwurms seine Existenz. Was gelegentlich ganz unterhaltsam ist, verliert dann seinen Charme, wenn es sich wieder und wieder aufdrängt, kommt und geht, wann es will und sich schlimmstenfalls auch nach Wochen nicht verzieht. Wie ein Ohrwurm entsteht, ist nicht geklärt, aber wann: Tonfolgen, die mit starken Emotionen einhergehen, können ihn verursachen. Meist sind es Lieder, die einem gefallen.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Ohrwurm die ganze Zeit im Hinterkopf läuft und nur in den Vordergrund rückt, wenn der Mensch unter- oder überfordert ist. Kommt Langeweile auf, sucht sich das Gehirn Beschäftigung. Bei Überforderung schweifen die Gedanken ebenfalls ab - in diesen Fällen findet das Denkorgan auf seinem Streifzug die Melodie. Keine Chance hat der Ohrwurm dagegen bei befriedigender Beschäftigung. Noch eine andere Strategie hilft gegen die Nerverei aus dem eigenen Kopf: die Vollendung. Normalerweise bestehen Ohrwürmer immer nur aus Melodieteilen. Es kann helfen, das gesamte Stück zu hören, zu spielen oder zu singen, wenn man sie loswerden möchte. Dann überwindet die Platte im Kopf den Sprung und lässt das Gehirn in Ruhe.

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob die Wissenschaft nicht drängendere Probleme kennt. Aber Psychologen brauchen den Ohrwurm; er gestattet ihnen Einblick in die Arbeitsweise des Gehirns. Denn das, was beim Ohrwurm mit Melodien passiert, findet bei einigen Menschen mit Gedanken oder Handlungsimpulsen statt. Wird das pathologisch, endet es in einem Zwang, der die Betroffenen sehr im Alltag einschränken kann. Anhand der Strategien gegen den Ohrwurm erhoffen sich Psychologen Erkenntnisse über den hilfreichen Umgang mit Zwängen.

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