Verbotsgesetz und völkische Gemeinschaft

Karl Öllinger zur Morgenluft, die die legale Rechtsextreme spüren

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Timing für die Aussage hätte nicht besser sein können. Während die Geschworenen in Wels gerade berieten, ob die »Objekt 21«-Neonazis schuldig sind, gegen das NS-Verbotsgesetz verstoßen zu haben, sinnierte der vor wenigen Tagen zum dritten Präsidenten des Nationalrats gewählte Norbert Hofer (FPÖ) öffentlich, ob das NS-Verbotsgesetz genau in dieser Bestimmung noch zeitgemäß und »nicht ein bisschen ein Widerspruch zu einer liberalen Gesinnung ist«.

Hofer, der als Präsident Martin Graf, dem extrem rechten Burschenschafter, nachfolgt, gilt als »freundliches Gesicht« der FPÖ. Bisher ist es ihm gelungen, alle Vorwürfe wegzulächeln. Etwa, dass er 2011 der Neonazizeitschrift »hier & jetzt« ein Interview gab oder dass er auf Facebook mit Nazis befreundet war. Hofer war nicht der einzige, der sich auf Facebook mit rechtsextremen FreundInnen zeigte. Die Facebook-Freundschaften der Freiheitlichen und ihre Haltung zum NS-Verbotsgesetz sind symptomatisch für die Positionierung der Partei, die sich - moderater im Ton, dafür aber publikumswirksamer - ebenso wie die NPD als »soziale Heimatpartei« bezeichnet. Es ist eine bittere Ironie, dass ausgerechnet die unter Partei- und Klubobmann Heinz-Christian Strache neu formierte, stramm rechte FPÖ, in der die deutschen Burschenschafter den Ton angeben, als »Arbeiterpartei« auftritt und von sozialdemokratischen Gewerkschaftern sogar als Koalitionspartner herbeigesehnt wird.

Im aktuellen Parteiprogramm der FPÖ, das von Hofer mitentwickelt wurde, spielt das Bekenntnis zur »deutschen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft« wieder eine zentrale Rolle. Der Rekurs auf die »Volksgemeinschaft«, also auf ein völkisch-rassistisches Ideologiekonstrukt, ist nicht zufällig. Er ermöglicht eine soziale Programmatik, die den Angehörigen dieser Gemeinschaft alle sozialen Rechte und Vorteile verspricht, wenn sie denen, die nicht dem »Staatsvolk« angehören, verwehrt bleibt. Damit landen die »neuen« Freiheitlichen programmatisch dort, wo die »alten« Freiheitlichen nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ihren Ausgangspunkt genommen haben: bei der Sammlung ehemaliger Nationalsozialisten und aller von der neuen Ordnung Enttäuschten und Benachteiligten.

Das Verbotsgesetz von 1945, das damals versuchte, die Entnazifizierung belasteter Nationalsozialisten zu regeln, sie bis zum Jahr 1949 sogar vom Wahlrecht ausschloss, war für die Freiheitlichen immer ein Reibepunkt. Mittlerweile ist das Gesetz, das in Österreich im Verfassungsrang steht und durchaus drakonische Strafandrohungen enthält, erheblich modifiziert worden. Der letzten Novellierung 1992 stimmte sogar die FPÖ zu, weil mit ihr die Mindeststrafen reduziert wurden. Dennoch polemisiert die FPÖ, die nach ihrer Neuformierung unter Strache immer wieder durch rechtsextreme, antisemitische und neonazistische Kontakte und Äußerungen auffiel, heftig gegen das Verbotsgesetz.

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