nd-aktuell.de / 10.01.2000 / Politik / Seite 11

m Nike lässt in Sweatshops schuften

Sportmode-Konzern ist nicht nur durch Giftstoffe in den Artikeln ins Gerede gekommen Von Wolfgang Pomrehn

Nike lässt seine Artikel von Ver tragswerkstätten vornehmlich in Südostasien herstellen, in denen die Beschäftigten, zumeist Frauen, zu niedrigsten Löhnen und unter oftmals unglaublichen Bedingungen arbeiten. Sweatshops werden solche Betrieb genannt. In einigen Ländern wird bereits seit längerem gegen den Konzern mobil gemacht. Für Gewerkschaftsaktivisten und Studentengruppen vor allem in den USA, Kanada und Australien gilt Nike als Symbol der Sweatshop-Produzenten schlechthin.

In Indonesien hat im Spätsommer letzten Jahres eine Umfrage der Christlichen Stadtmission ergeben, dass in den für Nike arbeitenden Betrieben im Großraum Jakarta 77 Prozent der rund 3000 Befragten für weniger als 2 US-Dollar am Tag arbeiten (ohne Überstundenzuschläge). In den Werkshallen sei es gewöhnlich uner träglich heiß und der Zugang zu Trink wasser nicht ausreichend. Dazu käme, dass die Arbeiterinnen oftmals zu Überstunden gezwungen werden und wüstesten Beschimpfungen durch die Vorarbeiter ausgesetzt sind. Selbst Strafen seien üblich, wie Lohnabzug, das Ziehen an den Ohren, Schläge ins Gesicht oder stundenlanges Stehen in der heißen Sonne. Die Vorarbeiter, berichtet der Australier Peter Hancock in einer anderen Untersuchung, werden regelrecht im Beschimpfen trainiert. Eine Delegation von US-amerikanischen Unterstützern berichtete letzten Herbst, dass in einem Betrieb während Lohnverhandlungen zwischen Management und Arbeitervertretern Soldaten als «Sicherheitskräfte» zur Einschüchterung stationiert wurden. Eine Praxis, die für die unter anderem von Deutschland ausgerüsteten Streitkräfte des Inselstaates durchaus Alltag ist.

Auch aus El Salvador werden ähnliche Zustände berichtet. Eine von Adidas in Auftrag gegebene Befragung bei Formosa, einem Unternehmen, das sowohl für Nike als auch für Adidas herstellt, ergab, dass auch dort Beschimpfungen und sexuelle Belästigungen durch Vorarbeiter an der Tagesordnung sind. Arbeiterinnen, die versuchten, eine Gewerkschaft zu gründen, wurden entlassen. Eine Erfahrung, die auch in Vietnam gemacht werden musste. Nachdem der US-amerikanische Sportsender ESPN drei Arbeiterinnen über die Zustände in ihrem Betrieb, der für Nike produziert, interviewt hatte, wurden diese entlassen. Sie hatten unter anderem von gewalttätigen Übergriffen berichtet. Nikes Vizepräsident Joseph Ha hat auf den wachsenden Druck in den USA reagiert, indem er in einem Brief an den vietnamesischen Gewerkschaftsdachver band diesen davor warnte, die Nike-Kritiker wollten die Regierung stürzen. «Ihr Ziel ist es, eine Demokratie nach dem Vor bild der USA zu schaffen», soll er geschrieben haben. Die US-amerikanische Menschenrechtsgruppe Labor Watch Vietnam wies diese Vorwürfe zurück und wies daraufhin, dass Ha ihre Zusammenarbeit mit den vietnamesischen Gewerk Schäften torpedieren wolle.

Nike hat inzwischen einen Verhaltenskodex ausgearbeitet, an den sich seine Vertragspartner angeblich halten müssen. Das Netzwerk Nike Watch bleibt aller dings skeptisch. Sie können von dem Fall des indonesischen Arbeiters Haryanto berichten, der wegen mangelnder Sicher heitsvorkehrungen in einem Nike-Zuliefererbetrieb zwei Finger verloren hatte. Als er daraufhin den Kodex an seine Kollegen verteilte und sie zur Gründung einer Gewerkschaft aufrief, wurde er entlassen.