nd-aktuell.de / 27.01.2000 / Politik / Seite 18

Sind Kita-Kinder Mittes «Melkmäuse»?

Elternausschuss beklagt geringere Zuwendungen Von Rainer Funke

Werden Mittes Kinder künftig noch mehr als bisher zum Opfer der allgemeinen Sparzwänge? Das Bezirksamt hat für das Jahr 2000 den Haushalt für die 28 kommunalen Kindertagesstätten um nahezu 50 Prozent gekürzt. Und da schwant Klaus-Dieter Hinkelmann, Vorsitzender des Elternausschusses im Stadtbezirk, allerhand Schlimmes. Für Spiel- und Beschäftigungsmaterial z.B. blieben nur 15 Mark pro Kind und Jahr.

Es deute sich an, dass weitere Kita geschlossen, Personal abgebaut, die Zahl der Kinder in den Gruppen von jetzt 15 erhöht und die hygienischen Standards abgebaut würden, meint Hinkelmann.

Schon jetzt sei es so, dass jede einzelne Anschaffung im Bezirksamt beantragt und genehmigt werden müsse. Neulich lehnte man einer Kita sogar ein Bügeleisen ab. Die angestrebte Selbstverwaltung sei längst vom Tisch. «Kinder der kommunalen Kitas sind die Melkmäuse von Mitte, weil nicht die richtigen Prioritäten gesetzt werden», denkt Hinkelmann.

Für die zuständige Stadträtin Eva Mendl (PDS) stellt sich die Situation etwas anders, aber gleichermaßen als extrem unbefriedigend dar. Der Haushalt des Jugendamtes sei seitens des Senates auf 65 Prozent gesenkt worden. Damit kann man nicht einmal alle gesetzlich verbindlichen Aufgaben wie Mieten, Personalkosten und eben auch Kita-Betreuung bestreiten, sagte sie dem ND Allein für Sozialhilfe werde man 15 Millionen Mark mehr ausgeben, als im Haushalt genehmigt wurde. Die Kürzungen beträfen auch Seniorenund Jugendfreizeiteinrichtungen, Schulen, Bibliotheken, Kulturämter usw.

In Mitte regiert also das gesamte Jahr über der Nothaushalt - oder anders gesagt die Haushaltsperre. Das schließe Selbstverwaltung einer Kita aus, so Mendl, bei der kleinsten Ausgabe müsse geprüft werden, ob man sie auch unbedingt benötigen würde. Gesetzlich vorgeschriebener Gradmesser ist z.B. der Erhalt einer Einrichtung oder, ob ein gesetzlicher Auftrag zu erfüllen ist.

Nach diesen Vorgaben, so Eva Mendl, wäre ein defekter Stuhl zu ersetzen, weil ein Kind ja wohl sitzen muss, eine ver schlissene Puppe aber nicht, weil sich mal zwei Kinder eine teilen könnten - so schlicht und blödsinnig zugleich sei das. Neuerdings müssen sogar laut Finanzsenat weitere 1,1 Millionen Mark in Mitte eingespart werden. Man habe alle Mühe, die soziale Infrastruktur überhaupt am Leben zu halten.

Ob es Lösungsansätze für die Kitas gibt, die die Probleme mindern, wird jetzt in verschiedenen Gremien erörtert werden. Etwa, wie man mit Firmen-Sponsoring den Spielzeug-Haushalt der Kita etwas füllen könnte.