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Frankfurt ist und bleibt Bankfurt

Für manche ist die Mainmetropole Machtzentrum, für andere eine Lachnummer

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Kurt Stenger

Der Finanzplatz Frankfurt (Main) hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Doch eines gilt nach wie vor In der Mainmetropole dreht sich das meiste um das große Geld.

Frankfurt (Main) hat die meisten Hochhäuser unter Deutschlands Großstädten, weshalb die hessische Halb-Millionenstadt den Kosenamen «Mainhattan» trägt. Aber anders als beim großen Vorbild in den USA hat dies nur einen Grund: Wer in der Finanzwirtschaft Rang und Namen hat, siedelt sich in Frankfurt an und klotzt sich eine teuren Tower mit Spiegelfassade hin. Frankfurt heißt deshalb im Volksmund Bankfurt. Natürlich hatten die Großen der deutschen Geldbranche - Deutsche, Dresdner und Commerzbank - schon immer ihre Zentrale in Frankfurt, doch der Fall der Mauer mit seinen politischen Folgewir kungen hinterließ seine Spuren. Mit der (west-)europäischen Vereinigung kam auch ein neuer Tower nach Frankfurt - der der EU-Zentralbank. Indes sucht der Präsident der Bundesbank krampfhaft nach neuen Aufgabefeldern für sein Institut. Schon lange wird befürchtet, dass der Finanzminister mit seinem Einspar kurs die Bundesbank und deren Personal drastisch zusammen kürzen will.

Noch stärker haben aber die technische Entwicklung und auch die Globalisierung, die sich nirgendwo stärker vollzogen hat als im Finanzsektor, die Welt des großen Geldes verändert. So ist in den letzten Jahren in den Gelben Seiten der Stadt die Sparte «Banken und Sparkassen» immer länger und vor allem immer internationaler geworden. Mehrere hundert Auslandsbanken sind derzeit in der Mainmetropole ansässig. Die Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) spricht indes nicht von einem Jobboom im Bankenbereich. «Arbeitsplätze wurden zentralisiert», charakterisiert der Frank furter HBV-Geschäftsführer Bernhard Stöger die Entwicklung. Die Banken schließen Filialnetze in der Fläche, während die Zentralen immer gewichtiger werden. Außerdem, so Stöger, gebe es einen Trend hin zu weniger qualifiziertem Personal und Teilzeitkräften - durch die Entstehung von Direktbanken, die nur in zentralisierten Call-Centern arbeiten, sowie, etwa bei der Dresdner Bank, durch Outsourcing von Rechenzentren.

Die Zentralisierung der Banken war auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich Frankfurt in den letzten Jahren zum bedeutenden internationalen Bör senplatz entwickelte. Immer neue Finanzprodukte im Derivatebereich, der Neue Markt für Technologieaktien und das supermoderne Handelssystem Xetra möbelten den Ruf der «Deutschen Börse» er heblich auf. Da diese Bereiche auch nach der geplanten Fusion mit der Londoner Börse in Frankfurt verbleiben sollen, können die Macher weiter am Image, Finanz- Zentrum der «Neuen Ökonomie» in Europa zu sein, basteln.

Gerade mit dem Ruf hat man seine Schwierigkeiten. In Deutschland gilt Frankfurt mit seinem «Bankenkartell» und dessen enger Verbandelung mit der Großindustrie als das Machtzentrum. Im Ausland ist Frankfurt aus dem gleichen Grunde das Symbol deutscher Konservativität - ein Bollwerk gegen ausländische Investoren, denen eine Übernahme nahezu unmöglich gemacht wird. Dass ausgerechnet die Großbanken, die sich ansonsten immer für die Globalisierung stark machen, hier bremsen, haben sie unlängst erneut bewiesen - als die anfangs großspurig angekündigte Fusion von Deutscher und Dresdner Bank platzte. Für manch einen ist Frankfurt (Main) deshalb zuletzt zur Lachnummer geworden.

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