nd-aktuell.de / 18.05.2000 / Politik / Seite 3

Mit Kanonen auf Spatzen?

Köster, der SPD und DKP durch hat und seit 1994 der PDS angehört, ist vielleicht einer derjenigen, die der Pressesprecher der Stadt, Erhart Dettmering (SPD), zum harten Kern der Marburger PDS «mit kommunistischen Ansichten» und einer Neigung zu unrealistischen Forderungen zählt. Ein Beispiel hat Dettmering natür lieh zur Hand: Da habe die PDS beantragt, allen Haushalten eine Information über die Ansprüche auf Sozialhilfe zuzustellen. Zu teuer, sagt der Pressesprecher und wird darin von der SPD-Frau Weinbach unterstützt. Außerdem: Warum mit Kanonen auf Spatzen schießen?

Das sehen die PDSler freilich anders. Sie wollen, dass die Bürger ihre Rechte kennen, und vermuten, dass die Stadt an der Unkenntnis Haushaltsmittel sparen will. Im übrigen legt Fraktionschefin Eva Gottschaldt ausdrücklichen Wert auf Sachver stand und korrekte Argumentation ihrer Fraktionskollegen. Auch wenn die Umwandlung der Stadtwerke in eine GmbH ähnliche Folgen wie eine Privatisierung habe, sei es eben doch etwas Anderes und solle bitte nicht so bezeichnet werden. Gottschaldt will sich weder den Vorwurf der Ahnungslosigkeit noch den der prinzipiellen Neinsagerei einhandeln. Sie möchte, dass die Haltung der PDS begründet ist und dass die Leute spüren: Die PDS argumentiert im Interesse der Beschäftigten, der Busbenutzer, der Schwimmbadbesucher.

Im März 2001, bei der nächsten Kommunalwahl, wird die Marburger PDS wieder Fraktionsstatus erreichen - ist zumindest Landesvorsitzender Rolf Gensert über zeugt. Auch in anderen Städten - so in Frankfurt (Main), Offenbach, Kassel und Gießen - will man in die Parlamente einziehen und so den Kommunalmandaten der West-PDS in Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und dem Westteil Berlins weitere hinzufügen. Dabei kommt der PDS entgegen, dass in Hessen die Fünf-Prozent-Hürde abgeschafft wurde; ein Geschenk der Landes-CDU an den Koalitionspartner FDP Dass sich auch der PDS-Bundesvorstand einiges verspricht, zeigt der vergleichsweise großzügige Wahlkampfzuschuss von 250000 Mark.