nd-aktuell.de / 18.05.2000 / Politik / Seite 14

Copyright gilt überall

Christoph Nitz

Mehrere Etappensiege konnten Musiker, Komponisten und Plattenfirmen bei der Auseinandersetzung mit Musikpiraterie jüngst verbuchen. In den USA erfolgten innerhalb weniger Wochen zwei Entscheidungen gegen die von Künstlern nicht autorisierte - also illegale - Verbreitung von Musiktiteln im Internet. Mit der Komprimierungssoftware MP3, in den achtziger Jahren von Wissenschaftlern der Universität Erlangen entwickelt, kann man in kurzer Zeit Musik aus dem Internet auf dem heimischen Computer herunterladen. Mit speziellen Abspielgeräten oder mit dem Computer kann man diese Dateien in einigermaßen akzeptabler Qualität anhören. Die Heavymetall-Band Metallica konnte vor Gericht eine Liste mit 335 435 Namen vorlegen, Internetbenutzer, die über die Webseite der Firma «Napster» Titel der Gruppe illegal kopiert hatten. Ein US-Gericht ließ die Klage der Musiker auf Schadenersatz jetzt zu. Ähnliche Niederlagen mussten Anbieter wie AOL und die Betreiber der Internetseite«www.mp3.com» vor Gerichten hinnehmen. Der Dachverband der amerikanischen Musikindustrie - die «Recording Industry Association of America (RIAA)» - verlangt für jeden auf der MP3-Webseite gespeicherten Musiktitel 150 000 Dollar Schadenersatz. Insgesamt droht diesem Anbieter somit die empfindliche Strafe von 6 Milliarden Dollar. Sicherheitshalber nahm mp3.com ihr Angebot jetzt vom Netz. Während Musiker wie Ex-Beatle Paul McCartney das Treiben als «Musikpiraterie» geisein, sieht mp3- Manager Michael Robertson die Aktivitäten seiner Firma als Angebot «verantwortungsvoller neuer Technologien». MP3-Musiktitel haben in der Beliebtheitsskala der Internetsurfer inzwischen sogar die Sucher nach «Sex» auf die hinteren Plätze verdrängen können. Mindestens eine halbe Million Musiktitel stehen

im Netz zum kostenlosen Konsum derzeit bereit. Mit juristischen Mitteln könne man die neuen Verbreitungswege von Musik nicht verhindern, meinen verschiedene Internetexperten. «Auch mit Hilfe aller Rechtsanwälte der Welt» könne man die Zeit nicht zurückdrehen, verlautbarte Mark Lemly, Professor für Internet-Recht in Berkeley. Das sehen Musiker und Ver triebsfirmen genauso - doch sie bestehen darauf, dass jeder Konsument von Musik seinen Obolus zu entrichten hat. Zumindest werden die Internet-Anbieter durch die Gerichtsurteile gezwungen, sich Gedanken über Copyright zu machen. Besonders junge und experimentierfreudige Musiker sind auf die Einnahmen ihrer Ar beit angewiesen.

In Deutschland baten die Richter der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes in München rückwirkend ab 1. Januar 1998 den Hersteller von CD- Brennern, Hewlett-Packard, zur Zahlung von 17 Mark Gebühren je verkauftes Gerät. Die IT-Branche befürchet, dass weitere Abgaben auf sämtliche Festplatten und Speichermedien anfallen könnten. Die phonografische Industrie möchte in Deutschland eine Abgabe je CD-Rohling von bis zu sechs Mark durchsetzen. Die Erlöse dieser Abgabe sollen Musikern und Textern zur Verfügung gestellt werden. Kopiergebühren sind in der Unterhaltungsindustrie im übrigen üblich, Her steller von Video- und Kassettenrekordern sind laut Gesetz zur Ausgleichszahlung verpflichtet. Nur die Computerindustrie wiedersetzte sich bislang. «Ein Meilenstein bei der Durchsetzung digitaler Rechte», kommentierte der Vorstandschef der Musikverwertungsgesellschaft GEMA, Reinhold Kreile, die Entscheidung geradezu euphorisch.

Die großen der Musikbranche reagier ten wie gewohnt auf die neuen Anforderungen des Marktes: Elefantenhochzeiten sollen Kosten drücken und durch illegale Kartelle sollen Preise hochgehalten wer den. Die Aktivitäten der Musikmultis Sony, Universal, EMI-Group, Time Warner und Bertelsmann in den USA, kürzlich aufgedeckt, machen die «Big Player» der Branche nicht gerade glaubwürdig, wenn sie mit Kampagnen wie «Copy Kills Music» in Deutschland für den legalen Erwerb von Tonträgern trommeln. So wie Musiker, Textdichter, Komponisten, Musikverlage und Plattenfirmen verlangen, dass ihre Arbeit gerecht entlohnt wird, haben die Konsumenten ein Anrecht darauf, faire Preise - ohne preistreibende Absprachen - angeboten zu bekommen. Fair Play muss für alle Spieler gelten!