nd-aktuell.de / 14.12.2000 / Politik / Seite 4

Selbsttötung vor Abschiebung

Tamile erhängte sich an Schnürsenkeln / In acht Jahren fast 100 Fälle Hannover

Von Reimar Paul

Ein junger Tamile hat in der Abschiebehaftanstalt Hannover-Langenhagen seinem Leben selbst ein Ende gesetzt. Arumugasamy Subramaniam habe sich am vergangenen Freitag an seinen Schnürsenkeln aufgehängt, teilte Nieder Sachsens Flüchtlingsrat mit. Eine Sprecherin der Gefängnisverwaltung bestätigte inzwischen den Suizid.

Subramaniam, der nach Behördenangaben 19 dem Flüchtlingsrat zufolge aber erst 17 Jahre alt war, sollte am 11. November nach Sri Lanka abgeschoben werden. Er war am Mittwoch vergangener Woche in der Ausländerbehörde des Landkreises Osnabrück festgenommen und am Donnerstag nach Langenhagen gebracht worden. Der Tamile hatte die letzten fünf Jahre lang in Deutschland gelebt. Er sei zwar im Kreis Osnabrück gemeldet gewesen, habe aber die meiste Zeit bei seinem Onkel im nordrhein-westfälischen Ahrensberg gewohnt, sagte Kai Weber vom Flüchtlingsrat. Einem offiziellen Umzug nach Ahrensberg habe die Ausländerbehörde des Kreises Osnabrück nicht zugestimmt.

Nach der rechtskräftigen Ablehnung seines Asylantrages beantragte Arumugasamy Subramaniam die Adoption durch seinen Onkel. Der Landkreis Osnabrück mochte den Ausgang dieses Verfahrens jedoch nicht mehr abwarten und forderte den Tamilen zur freiwillige Ausreise auf. Am 6. Dezember wollte der Flüchtling in Begleitung eines befreundeten Fuhrunternehmers bei der Ausländerbehörde das weitere Vorgehen absprechen.

Nach Recherchen des Flüchtlingsrates ließen die Bediensteten die beiden jungen Männer «unter einem Vorwand» auf dem Gang warten und riefen die Polizei. «Der Junge fing an zu weinen. Der Fuhrunter nehmer bat die Ausländerbehörde Hände ringend darum, dem Tamilen die freiwillige Ausreise zu ermöglichen, für die er per sönlich gerade stehen wollte», heißt es in einem Bericht des Flüchtlingsrates. Die Behörde habe jedoch auf die Inhaftierung Subramaniams bestanden.

Die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke reagierte gestern «mit Trauer und Entsetzen» auf die Nachricht von dem Suizid in Langenhagen. Als Konsequenz aus dem Vorfall verlangte sie die Abschaffung der Abschiebehaft und den Stopp aller Abschiebungen in Bürger kriegsgebiete.

Nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen haben sich seit der Asylrechtsverschärfung im Jahr 1993 bereits 37 Flüchtlinge in deutschen Abschiebegefängnissen das Leben genommen. Insgesamt sollen in den vergangenen acht Jahren fast hundert Menschen vor oder während ihrer Abschiebung ums Leben gekommen sein.