nd-aktuell.de / 23.02.2001 / Politik / Seite 8

Sommerschluss

Strahlend, smart, weltgewandt präsentierte sich Ron Sommer 1995 auch beim Antritt einer weiteren Karrierestufe - als er Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG wurde. Sein Job: den »rosa Riesen«, den Ex-Monopolisten von seinem Behördenimage befreien, umstrukturieren, in eine AG umwandeln und an die Börse führen.

Hier avancierte Sommer zum Börsenliebling. Mit einem für deutsche Verhältninisse gigantischen Aufwand von angeblich rund 900 Millionen Mark gelang es ihm, mit der Aktienemission rund 21 Milliarden Mark einzusammeln. Nun scheint den Wunderknaben, der schon als 21 Jähriger zum Dr. phil promovierte, das Glück zu verlassen. Eine Kette strategischer und taktischer Fehleinschätzungen, unken Analysten, fordern ihren Tribut.

Das Misstrauen der Anleger und Analysten wächst. Schließlich ermittelt die Bonner Staatsanwaltschaft schon seit Mitte vergangenen Jahres. Vorwurf: »Falschbilanzierung« und »Kapitalanlagebetrug«. Jetzt haben die Kritiker das Wort. Aus dem »Rosa Riesen« sei noch lange kein »global player« geworden, kritisiert man. Die geplante Übernahme des US-Mobilfunkers VoiceStream werde ein Klotz am Bein sein. Und die Internettochter T-Online sei eine Katastrophe.

Aber selbst wenn die Zungen, die jetzt grinsend von Sommer Schlussverkauf reden, Recht behalten - dem studierten Mathematiker würden wohl schnell neue Türen geöffnet werden. Er hat Triumphe - unter seiner Ägide wurde Sony Deutschland in den 80er Jahren zum hiesigen Marktführer in der Ünterhaltungselektronik - wie auch Katastrophen - 1993/94 fuhr er für Sony ein Minus von 14 Millionen Mark ein - bislang gut überstanden. Sommer ist sprichwörtlich eine schillernde Managerpersönlichkeit. 1949 im israelischen Haifa als Sohn eines Russen und einer Ungarin geboren, wuchs er in Wien auf, promovierte und wechselte direkt in die Nixdorf -Führungsebene, später zu Sony Corp. of America, wo er als Präsident Verantwortung für die weltweit größte nationale Vertriebs- und Marketing Organisation des Konzerns trug. Dem multinational geprägte Österreicher sind technokratische Anglizismen nicht fremd, weshalb ihn der Verein zur Wahrung der deutschen Sprache zum »Sprachpanscher des Jahres 1998« erklärte. Grund: Mit »moonshine« und »sunshine«-Tarifen, »German-«, »City-« oder »Free-Calls« betreibe die Telekom AG den konsequenten Ausstieg aus der deutschen Sprache. Michaela von der Heydt