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Tollhaus und Tabu

  • Hans-Georg Behr
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch vor den berühmten dreißig Jahren, die nun für Merkelmerzkochstoiber so brandflaschenaktuell sind, dass sie sich gar nicht einkriegen können vor staatstragenden Bedenklichkeiten, kursierte der Werbespruch «Es gibt nur ein deutsches Nachrichtenmagazin», wenn wieder mal «stern» und SPIE- GEL dieselbe Titelgeschichte hatten. Hamburg war klein, die Redaktionen fast benachbart, und dazwischen lagen Kneipen ... nun, und dann ärgerten sich Nannen und Augstein in den Konferenzen, weil sie so oft miteinander telefonierten. Mittlerweile gibt es mehrere Nachrichtenmagazine, viele neue Redaktionsstempel, etwas weniger Kneipen, aber der Brei ist geblieben und noch flächendeckender geworden. Wissend, dass die menschliche Intelligenz weniger Darwins Evolution als Newtons Schwerkraft folgt, haben wir uns wochenlang mit den Dor nen des Rosenkriegs peitschen lassen, bis uns schon beim Buchstaben B das Kotzen kam, und das nachfolgende SE hat die Magennerven auch nicht beruhigt. Denn jetzt will man uns bundeseinheitlich beruhigen (sprich: desinformieren), weil die Bauern mit ihren Rindviechern in der Scheiße sitzen. Schwein gehabt, wer keines frisst, und die Wurstindustrie will demonstrieren, dass sie nicht nur Abfall und Wasser vermanscht, sondern auch wertvolle Zusatzstoffe mit komplizierten Zahlen, wegen Beruhigung. Das hat schon bei den Renten gewirkt. Zahlenfutter bis zur Lethargie und zum Knochenkotzen.

Strahlend weiß wie mittelalterliche Weltkarten (also mit niedlichen Dämonen und Monstern) hebt sich von diesem Einerlei das Allerlei ab, über das man nicht schreiben darf. Das Gesundheitswesen gehört neuerdings dazu und Rauschmittel schon länger. Es gibt sie nicht bei unseren Meinungsproduzenten, nur im Lokalteil. Ja, es gibt eine neue Bundesdrogenbeauftragte, aus Lörrach soll sie sein und bei der SPD, aber ihr Ressort ist keine Zeile wert. «Das ist kein Thema» und «Wir wollen keine Drogendebatte vom Zaun brechen», heißt es fast wortgleich von Zeit (Naumann), stern (Pursche) über Woche (Bissinger) bisbis, Amen. Bei primitiven Völkern heißt so was Tabu, aber wir haben Telefone, wo man auch besprechen kann, was es nicht gibt / geben darf 7 kann. Das heißt dann Pressfreiheit.

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