nd-aktuell.de / 23.02.2001 / Politik / Seite 16

JugendFEIER - die zeitgemäße Alternative

Vorweg: Wenn sich politisch aktive Menschen Gedanken darum machen, wie sie 13- und 14-jährige Jugendliche mit freiwilligen Angeboten, die ihre politische Urteilsfähigkeit stärken sollen, erreichen können, so kann ich dies - auch als Mitglied des für Kinder und Jugendliche zuständigen Ausschusses des Deutschen Bundestages - nur begrüßen. Dies ist unabhängig vom jeweiligen weltanschaulichen oder religiösen Standpunkt.

Leider geschieht dies im Fall der maiglocke e. V gekoppelt mit Tatsachenverdrehungen hinsichtlich Bundesvorsitzender des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Kinderberauftagter der SPD-Fraktion im Bundestag

Foto: Privat

bestehender Angebote für die gleiche Zielgruppe, namentlich der JugendFEIER des Humanistischen Verbandes Deutschlands und der Jugendweihe der Interessenvereinigung für humanistische Jugendarbeit und Jugendweihe. Diese Tatsachenverdrehungen haben erkennbar den Zweck, weltanschauliche Konkurrenz ins Zwielicht zu rücken.

Es ist symptomatisch für das Desinteresse an dem, was tatsächlich bei der Konkurrenz geschieht, dass die Initiatoren der maiglocke e. V in ihren Presseer klärungen nicht einmal die Veranstalter von JugendFEIERN und Jugendweihen den jeweiligen Veranstaltungen richtig zuordnen (siehe Pressemitteilung »Gründung des Vereins maiglocke e.V« vom 3. Januar 2001). Der gebetsmühlenartig wiederholte Vorwurf, die JugendFEIERN des Humanistischen Verbandes seien »betont antireligiös«, ist Aufstachelung zum Kulturkampf und kann vom Humanistischen Verband nicht unkommentiert hingenommen werden.

Die maiglocke e. V will »konfessionslose junge Menschen auf die christlichen Grundlagen unserer Kultur, auf Christentum und Kir chen verweisen« (»Erklärung gegenüber den Kirchen« der maiglocke e. V. vom 3. Januar 2001). Dieser Anspruch des Verweises »auf Christentum und Kirchen« trägt eindeutig missionarischen Charakter, während der Humanistische Verband bewusst darauf ver ziehtet, die JugendFEIERN mit einem »humanistischen Bekenntnis« oder Ähnlichem zu verknüpfen. Unsere JugendFEIERN sind zwar betont diesseitig und areligiös - sie als antikirchlich oder gar antichristlich misszuverstehen, ist aber wohl nur möglich, wenn schon ein mangelnder Verweis auf Transzendenz und Christentum als Affront wider das christliche Selbstverständnis gewertet wird.

Parallel zum Vorwurf betonter Antireligiosität wird› den Jugend- FEIERN immer wieder eine inhaltliche Beliebigkeit unterstellt. Möglichen derartigen Vorwürfen

Ein mit weniger missionarischem Eifer und denunziatonschem Schaum vor dem Mund vorgetragenes zusätzliches Angebot für 13- und 14- jähnge Jugendliche wäre durchaus wünschenswert.

an die eigene Adresse will die maiglocke e. V nun mit vier Pflichtnachmittagen und einer zwei- bis dreitägigen Abschlussfahrt begegnen. Abgesehen davon, dass dazu bislang nur plakative Überschriften, aber keine konkreten inhaltlichen Vorstellungen bekannt geworden sind, ist kaum davon auszugehen, dass ein so gestricktes Programm bei den Jugendlichen nachhaltige Folgen haben wird. Der Anspruch der maiglocke e. V, mit ihrem neuen Angebot sinnstiftend zu wirken, ist also schon im methodischen Ansatz fraglich. Dies um so mehr, wenn man weiß, dass empirische Studien zur Nachhaltigkeit des zeitlich sehr viel umfangreicheren Konfirmationsunterrichts glatte Fehlanzeige belegen.

Inwieweit der Anspruch der maiglocke e. V, auf Christentum und Kirchen zu verweisen, bei den Jugendlichen - insbesondere im Ostteil Deutschlands - verfangen wird, bleibt abzuwarten. Die jüngste Shell-Jugendstudie kommt jedenfalls hinsichtlich der weltanschaulichen Orientierungen der Jugend in Deutschland zu folgendem Ergebnis: »Insgesamt haben wir eine Entwicklung hinter uns, die den (christlichen) Kirchen wenig Chancen belässt, unter den derzeitigen Bedingungen und in den bisherigen Formen Einfluss auf die junge Generation zu gewinnen.«

Die JugendFEIERN des Humanistischen Verbandes hingegen sind ein zeitgemäßes Angebot. Im Vorfeld seiner Festveranstaltungen wird hier eine Vielzahl von Kursen und Wochenendveranstaltungen angeboten. Darunter sind Themen wie »Auf den Spuren deutscher Geschichte 1933- 1945«, »Berlin hat viele Gesichter« oder »Der Traumberuf - nur Illusion?«, aber auch sportliche, künstlerische oder technisch-naturwissenschaftliche Angebote. Daneben gibt es u. a. Lesenächte und ein Winterferiencamp zum Thema »Fremd sein«. Im Humanistischen Verband wird die in der jugendhilfepolitischen Fachdiskussion geforderte »Lebensweltorientierung« der Jugendarbeit umfassend verstanden und umgesetzt. Die Jugendlichen werden tatsächlich »dort abgeholt, wo sie stehen«.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass ein mit weniger missionarischem Eifer und denunziatorischem Schaum vor dem Mund vorgetragenes zusätzliches Angebot für 13- und 14-jährige Jugendliche durchaus wünschenswert wäre. Eine realistischere Wahr nehmung der tatsächlichen Bedürfnisse der anzusprechenden Klientel wäre aber notwendig, um Erfolge realistisch erscheinen zu lassen. So wie das Projekt derzeit angelegt ist, wird sich wohl die offensichtlich in der evangelischen Kirche bestehende Befürchtung bewahrheiten, hier würden Jugendliche eher von der Konfirmation als von der Jugendweihe bzw. JugendFEIER abgeworben. Die »Maiglocken-Feste« drohen so, zur billigen Alternative der Konfirmation zu werden.