Der größte Handelsdeal aller Zeiten

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Die einen erhoffen sich vom Handelsabkommen zwischen den USA und der EU Wachstum, die anderen befürchten den Abbau von Sozialstandards. Diese Woche wird wieder verhandelt.

Eigentlich sollte die zweite Verhandlungsrunde zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen der EU und den USA bereits Geschichte sein. Aufgrund des Haushaltsstreits in den Vereinigten Staaten konnte die US-amerikanische Delegation im Oktober aber nicht nach Brüssel reisen. Zwar mehren sich derzeit aufgrund der NSA-Spähaffäre die europäischen Stimmen, die Verhandlungen zur sogenannten Wirtschafts-NATO auszusetzen. Doch die Beratungen werden am Montag zu den Themen Dienstleistungen, Investitionen, Energie, Rohstoffe und Regulierung in Brüssel fortgesetzt. Für die Öffentlichkeit bleiben die Türen verschlossen, während 600 offizielle Berater von Großkonzernen privilegierten Zugang zu Dokumenten und Entscheidungsträgern haben.

Ziel ist die Schaffung der weltgrößten Freihandelszone. Davon erhoffen sich die durch Wirtschaftskrise und den Aufstieg neuer Wirtschaftsmächte gebeutelten USA und Europa neue Jobs und Impulse für das Wirtschaftswachstum. Studien beziffern den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in der EU auf 0,5 Prozent und den der Jobs in Deutschland auf 181 000. Forscher des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung hingegen bemängeln, dass kein nennenswertes Wachstum durch den Abschluss des Handelsabkommens zu erwarten ist.

Als Ursache des prognostizierten Wirtschaftswachstums wird nicht so sehr der Abbau der ohnehin geringen Zölle angeführt, sondern jener der sogenannten »nicht-tariffären Handelshemmnisse« - d.h. die Rücknahme von Regulierungen zum Beispiel im Gesundheitswesen oder in der Lebensmittelindustrie. Auch gesetzliche Mindestlöhne oder soziale Errungenschaften könnten dem freien Spiel der Marktkräfte zum Opfer fallen.

Schwer wiegt des Weiteren die Kritik, dass bei dem für 2015 erwarteten TTIP-Abschluss Konzerne vor Schiedsgerichten Klagerechte gegen Staaten erhalten sollen. Die Zeitung »Le Monde diplomatique« sieht daher ein System im Bestehen begriffen, das »die Herrschaft der mächtigsten Kapitalgruppen über den Großteil der Welt zementiert und juristisch absichert.« Die von sozialen Bewegungen erkämpften Fortschritte drohten wieder rückgängig gemacht zu werden.

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