Start-up-Boom reißt nicht ab

Zahl der Unternehmensgründungen nimmt zu / Technologiebranche profitiert vom kreativen Potenzial

  • Gioia Forster
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundesweit werden immer weniger Firmen gegründet. Entgegen dem Trend kann Berlin dagegen sein hohes Niveau immerhin halten. Und der Start-up-Boom reißt aus Expertensicht nicht ab.

Berlin ist weiterhin ein Magnet für Start-ups. Während bundesweit die Zahl von Existenzgründungen stark zurückgeht, bleibt sie in der Hauptstadt nahezu konstant. Auf mehrere Jahre mit starkem Zuwachs folgte 2012 ein leichtes Minus von 0,5 Prozent - bundesweit war es ein Rückgang um 14 Prozent, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa hervorhob. 44 228 Gewerbe wurden laut Senat im vergangenen Jahr in Berlin angemeldet.

»Wir stellen fest, dass die Gründungen von Start-ups zunehmen«, sagte der Geschäftsführer Existenzgründung der IHK Berlin, Jan Pörksen. Denn Gründung ist nicht gleich Start-up. Pörsken unterscheidet: einerseits Unternehmen, die hauptsächlich Wachstum als Ziel haben - wie viele junge Internetfirmen. Und andererseits Existenzgründungen, »die eher auf die Existenzsicherung einer Person ausgerichtet sind«, etwa wenn sich jemand als Maler selbstständig macht, was manchmal auch unter dem Schlagwort »Gründungen aus der Not« läuft. Diese werden im Gegensatz zu den Gründungen von Start-ups weniger, vorwiegend wegen der besseren Arbeitsmarktlage, wie Pörksen erklärte.

Es boomt vor allem in der Technologiebranche. Unter den 2012 gegründeten 15 000 Dienstleistungsunternehmen Berlins war die digitale Wirtschaft am stärksten vertreten, wie die Senatsverwaltung für Wirtschaft betonte. Pörksen führt das auf das kreative Potenzial der Stadt zurück, die Infrastruktur, die Internationalität und die vielen Fachkräfte. »Berlin nimmt jetzt richtig Fahrt auf«, ist der Kammer-Experte überzeugt.

Jasper van Ghemen hat aus dem Trend ein Geschäft gemacht. Mit zwei Partnern betreibt der 25-Jährige seit Juni die Firma Wunschkandidaten. Sie vermittelt arbeitssuchende IT-Experten aus Südeuropa an Berliner Unternehmen, hauptsächlich Griechen, auch Spanier und Portugiesen. »Wir haben bemerkt, dass viele Start-ups händeringend nach Entwicklern suchen«, sagte van Ghemen.

Auch in anderen Branchen werden weiterhin viele Unternehmen gegründet. Zur Spitzengruppe gehören das Baugewerbe mit 9700 und der Handel mit 7000 Gründungen. Viele dieser neuen Gewerbe werden aber auch wieder abgemeldet. Laut KfW-Gründungsmonitor war 2011 bundesweit ein Drittel der Gründungen nach drei Jahren nicht mehr am Markt. Das könne an wirtschaftlichen, aber auch anderen Gründen liegen, wie zum Beispiel, dass ein selbstständiger Unternehmer wieder eine Festanstellung finde, hieß es bei der IHK.

Beratung, Fördergelder und Kontakte zu anderen Gründern sind für den Erfolg einer Gründung sehr wichtig. Norbert Wiesneth hat zusammen mit einem Partner vor einem Jahr das Unternehmen PhotoWerkBerlin gegründet, das über das Internet Fotoworkshops organisiert. »Ich habe an einem Gründungskurs der IHK teilgenommen, und wir haben einen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit erhalten«, sagte er.

Weiterbildung und Beratung werden von der IHK sowie der Investitionsbank Berlin und der Förderbank KfW angeboten. Einige Start-ups ziehen auch in Gründerzentren. Diese bieten eine auf die Bedürfnisse der Gründer angepasste Infrastruktur - vom Internet bis zum Konferenzraum -, Kontakte und Ratgeber vor Ort, so der Geschäftsführer der Innovations-Zentrum Berlin Management GmbH, Roland Sillmann. dpa

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